Düsseldorf. Hat die Landesregierung eine TV-Panne bei Ex-Umweltministerin Schulze Föcking vorschnell aufgebauscht? Neue Dokumente nähren diesen Verdacht.
In der sogenannten Hacker-Affäre um die ehemalige NRW-Umweltministerin Christina Schulze Föcking (CDU) hat die Staatskanzlei von Ministerpräsident Armin Laschet (CDU) mit ihrem öffentlichen Vorpreschen offenbar das Landeskriminalamt (LKA) stärker in Bedrängnis gebracht als bislang bekannt.
Wie aus vertraulichen Unterlagen der für den Fall zuständigen Ermittlungskommission „Forte“ hervorgeht, wurde das LKA völlig auf dem falschen Fuß erwischt. „Was wird genau ermittelt? Kann noch ausweichend antworten“, wird darin der Behördensprecher am Mittag des 16. März 2018 ratlos zitiert.
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Einen Tag später verfällt man beim LKA in der Not auf die Idee: „Offensiv eine 'nichtssagende' Pressemitteilung herausgeben.“ Der WDR hat als erstes über die neuen Dokumente berichtet. Die brisanten Unterlagen dürften am kommenden Freitag im Untersuchungsausschuss des Landtags eine Rolle spielen, wenn Staatskanzlei-Chef Nathanael Liminski und Regierungssprecher Christian Wiermer als Zeugen aussagen müssen.
Dann eben "offensiv eine nichtssagende Pressemitteilung"
Wiermer hatte am 16. März 2018 um 12.17 Uhr eine fatale Erklärung unter Berufung auf nicht näher genannte „Ermittlungsbehörden“ herausgegeben. Darin ist die Rede von Versuchen, auf persönliche Daten von Ministerin Schulze Föcking zuzugreifen. „Mindestens teilweise waren die Versuche demnach auch erfolgreich“, formulierte Wiermer damals und verurteilte gleich „die offenkundig kriminellen Eingriffe in die Privatsphäre der Ministerin aufs Schärfste“.
Im Steinfurter Privathaus der ehemaligen Ministerin soll am Abend zuvor aus unerklärlichen Gründen auf dem Fernseher die Sequenz einer Landtagsfragestunde abgespielt worden sein. Schulze Föcking war da bereits politisch schwer angeschlagen, weil dem Schweinemast-Betrieb ihrer Familie Tierschutz-Verstöße vorgeworfen werden. Die CDU-Frau witterte einen digitalen Angriff und rief die Polizei. Die notierte den Hacker-Verdacht der Ministerin.
Hacker-Angriff? Nur ein Familienmitglied hat das W-LAN falsch bedient
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Peinlich: Wenige Tage später zeichnete sich ab, dass es sich bloß um den harmlosen Bedienfehler eines Familienmitglieds im WLAN-Netz gehandelt hatte. Trotzdem musste weiter ermittelt werden. Die Öffentlichkeit erfuhr vom banalen Ausgang des Falls erst am 7. Mai, also Wochen später. Schulze Föcking trat am 15. Mai von ihrem Amt zurück.
Die Opposition vermutet, dass Laschets Staatskanzlei bewusst eine harmlose technische Panne aufgebauscht habe, um eine trudelnde Ministerin öffentlich als Opfer darzustellen. Bislang haben im Untersuchungsausschuss alle Zeugen von Polizei und Staatsanwaltschaft klargestellt, dass es für die Alarmmeldung der Staatskanzlei keinerlei seriöse Ermittlungsgrundlage gab.