Berlin/Kobane. Die Luftangriffe helfen den Kurden offenbar bei ihrem Kampf mit der IS-Terrormiliz um Kobane. Die USA sprechen von sehr genauen Luftschlägen. Dennoch bleibt die Sicherheitslage in der Region äußerst angespannt. Im Irak rücken IS-Dschihadisten nach Angaben der USA weiter vor.
Kurdische Einheiten haben dank US-Luftangriffen die Terrormiliz Islamischer Staat (IS) bei erbitterten Gefechten in der nordsyrischen Enklave Kobane zurückgedrängt. Nach Angaben der oppositionsnahen syrischen Beobachtungsstelle für Menschenrechte eroberten die sogenannten Volksschutzeinheiten (YPG) am Donnerstag weitere Straßen im Westen des an der Grenze zur Türkei gelegenen Ortes zurück. Rund ein Drittel Kobanes soll sich noch unter IS-Kontrolle befinden, vor einer Woche war von etwa 40 Prozent die Rede.
Der Sprecher des US-Verteidigungsministeriums, John Kirby, erklärte, die Luftschläge seien "sehr präzise" gewesen. Die Sicherheitslage in Kobane sei weiter prekär. Es scheine, dass der IS-Vormarsch verlangsamt worden sei. Die USA wüssten, dass sie den Dschihadisten Schaden zugefügt hätten.
Im Irak hingegen setzten die sunnitischen Extremisten nach Angaben aus den USA trotz immer heftigerer Luftangriffe der internationalen Koalition ihren Eroberungsfeldzug fort.
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Dschihadisten mussten Verluste hinnehmen
Der Leiter der Menschenrechtsbeobachter, Rami Abdel Rahman, sagte der Nachrichtenagentur dpa, kurdische Kämpfer hätten im Südwesten Kobanes eine Offensive gestartet, um IS aus dem Gebiet zu vertreiben. Auch weiter östlich, in der Region der ebenfalls syrisch-türkischen Grenzstadt Ras al-Ain, mussten die Dschihadisten Verluste hinnehmen. Bei einem kurdischen Angriff wurden laut Abdel Rahman 20 Extremisten getötet. Allerdings kamen bei einem Luftschlag laut Aktivisten und lokalen Medien versehentlich auch Kurden ums Leben.
Nach Angaben der irakisch-kurdischen Nachrichtenseite Rudaw starben mindestens sechs kurdische Kämpfer. Idris Nassan, ein Sprecher für auswärtige Angelegenheiten in Kobane, bestätigte dies der dpa. Auch eine Zivilistin sei umgekommen, fügte er hinzu. "Die alliierten Flugzeuge hatten auf IS-Kämpfer gezielt", sagte Nassan. Die Dschihadisten hätten in der Nacht zum Donnerstag in einem Gebäude Unterschlupf gesucht. Doch in dem Haus hätten sich bereits mehrere ältere kurdische Frauen versteckt.
Das Pentagon bestätigte die Berichte über getötete Kurden zunächst nicht. "Wir haben keine Hinweise, dass kurdische Kämpfer in einem Luftangriff des Bündnisses getötet wurden", sagte ein Sprecher des Zentralkommandos in Tampa (Florida) der Nachrichtenagentur dpa. Die Berichte würden aber sehr ernst genommen und gründlich geprüft.
Mehr als 600 Tote in einem Monat
Insgesamt sind nach Angaben der syrischen Beobachtungsstelle für Menschenrechte im Kampf um Kobane im vergangenen Monat mehr als 600 Menschen ums Leben gekommen. Auf Seiten der kurdischen YPG seien 258 Kämpfer und in den Reihen des IS 374 Dschihadisten getötet worden. Die IS-Miliz hatte Anfang September ihren Vormarsch auf Kobane (arabisch: Ain al-Arab) gestartet.
Nach Einschätzung des US-Sondergesandten für den Kampf gegen den IS, General a.D. John Allen, machte die Extremistenmiliz trotz der Luftschläge erhebliche Geländegewinne.
Die internationalen Angriffe gegen die Terrormiliz hatten am 8. August zunächst im Irak begonnen und wurden später auf Syrien ausgeweitet. Der internationale Einsatz trägt nun den offiziellen Namen Operation "Inherent Resolve", übersetzt etwa "Natürliche Entschlossenheit".
Dänische Flieger im Einsatz
Am Donnerstag waren erstmals auch dänische F16-Flieger im Einsatz. Bei Kobane wurden nach US-Angaben unter anderem 19 Gebäude, zwei Kommandoposten, drei Stellungen von Scharfschützen, eine Sammelstelle und ein schweres Maschinengewehr des IS getroffen.
Die Bundesregierung will im Kampf gegen den IS die Finanzierung solcher Gruppierungen schärfer bestrafen. Noch bis zum Jahresende solle ein entsprechender Gesetzentwurf vorgelegt werden, berichtete "Spiegel Online" unter Berufung auf eine Stellungnahme des Innenministeriums zu einer Anfrage der Linken im Bundestag.
Der Präsident der kurdischen Autonomieregion im Nordirak, Massud Barsani, forderte mehr Hilfe des Westens für die Kurden, vor allem in Form schwerer und moderner Waffensysteme. "Wir brauchen Panzer, Artillerie, gepanzerte Mannschaftswagen und Antipanzerraketen". Er sagte der "Bild"-Zeitung (Donnerstag): "Die internationale Gemeinschaft muss die Unterstützung maximieren, damit Kobane nicht bald komplett von ISIS (ursprüngliche Bezeichnung des IS) kontrolliert wird."
Im Nordirak kämpft auf dem Boden vornehmlich die kurdische Peschmerga-Armee gegen den IS, im syrischen Kobane sind es die mit der kurdischen Arbeiterpartei PKK verbündeten Volksschutzeinheiten YPG. (dpa)