Istanbul. Während die Diskussion über die türkische Unterstützung für die Kurden im Kampf gegen den IS läuft, hat das türkische Militär Luftschläge gegen die verbotene kurdische Arbeiterpartei (PKK) im Südosten des Landes geflogen. Der Streit über die Nutzung türkischer Stützpunkte droht derweil ein Strategietreffen zum Kampf gegen den IS zu belasten. Die Extremisten rücken im West-Irak und Kobane weiter vor. Die Allianz antwortet darauf mit neuen Luftangriffen.
Die verbotene kurdische Arbeiterpartei PKK hat der Türkei nach Luftangriffen auf PKK-Stellungen in der Osttürkei eine Verletzung der Waffenruhe vorgeworfen. "Diese Angriffe haben die Waffenruhe verletzt", teilte der bewaffnete Flügel der PKK am Dienstag mit.
Die türkische Armee hatte am Montag nach Medienberichten und PKK-Angaben Stellungen der PKK in Daglica an der Grenze zum Irak angegriffen. Wie die Zeitung "Hürriyet" am Dienstag berichtete, flogen F-16- und F-4-Kampfflugzeuge Angriffe gegen Stellungen der Kurdischen Arbeiterpartei (PKK) im Südosten des Landes. Das türkische Militär äußerte sich zunächst nicht zu dem Luftschlag, meldete aber Angriffe von Terrorgruppen in der Gegend
PKK-Kämpfer hätten zuvor mehrfach eine Polizeistation in Daglica in der Grenzregion zum Irak unter Beschuss genommen, schrieb die Zeitung. Es sei der "erste umfassende Luftschlag" gegen die PKK gewesen, seit die Organisation im März vergangenen Jahres einen Waffenstillstand erklärt hatte.
"Schwere Verluste für PKK"
Der PKK, die eng mit den in Kobane kämpfenden kurdischen Volksschutzeinheiten (YPG) in Syrien verbunden sind, seien mit den Luftschlägen "schwere Verluste" zugefügt worden. Die verbliebenen Rebellen hätten das Weite gesucht. Die PKK wird von der Türkei, der EU und den USA als Terrororganisation eingestuft.
Zur Unterstützung der kurdischen Kämpfer in der nordsyrischen Grenzstadt Kobane hat die internationale Koalition neue Luftangriffe gegen die Terrormiliz Islamischer Staat (IS) geflogen. Wie die syrischen Menschenrechtsbeobachter am Dienstag mitteilten, wurden mindestens drei Stellungen der Dschihadisten im Osten der Stadt getroffen. Die Gefechte zwischen kurdischen Kämpfern und den sunnitischen Extremisten gingen den Angaben zufolge mit unverminderter Heftigkeit weiter. Kobane liegt in Sichtweite der türkischen Grenze. Sollten die IS-Milizen die strategisch wichtige Stadt erobern, hätten sie einen Grenzstreifen von mehr als 200 Kilometern zur Türkei unter ihrer Kontrolle.
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Parallel zu hochrangigen Militär-Beratungen über das weitere Vorgehen gegen die Terrormiliz Islamischer Staat (IS) streiten sich die USA und die Türkei weiter über die Nutzung von Stützpunkten in dem Nato-Land. Ankara dementierte US-Angaben, wonach sich die türkische Regierung bereiterklärt habe, Stützpunkte zur Verfügung zu stellen. Am Dienstag soll in den USA ein erstes Bündnistreffen fortgesetzt werden, bei dem es um langfristige Strategie gegen den IS im Irak und in Syrien geht. Berichten zufolge setzten die Extremisten ihren Vormarsch im Westen des Iraks fort und griffen auch die Kurden in Kobane erneut an.
Noch keine Einigung zwischen Türkei und USA zur Stützpunkt-Nutzung
Das Anti-IS-Bündnis will die Türkei seit längerem enger einbinden. Die Regierung in Ankara sträubt sich jedoch dagegen und pocht unter anderem auf ein gemeinsames Vorgehen, das sich auch gegen das Regime des syrischen Präsidenten Baschar al-Assad richtet. Daran wiederum hat der Westen bislang kein Interesse. Die Türkei spielt eine entscheidende Rolle, weil das Land unmittelbar an Gebiete grenzt, die von den IS-Extremisten kontrolliert werden.
Der türkische Außenminister Mevlüt Cavusoglu sagte am Montag nach Angaben der Nachrichtenagentur Anadolu, es gebe noch keine Einigung, dass die internationale Allianz die türkischen Stützpunkte für den Kampf gegen den IS nutzen könne. Er dementierte damit Aussagen von Susan Rice, der Sicherheitsberaterin von US-Präsident Barack Obama. Cavusoglu bestätigte aber, dass es eine Einigung über die Ausbildung gemäßigter syrischer Rebellen gebe. Eine der wichtigsten Luftwaffenbasen der Türkei ist die in Incirlik. Der Stützpunkt liegt lediglich 100 Kilometer von Syrien entfernt.
Terrormiliz erzielte derweil weitere Geländegewinne
In der Diskussion um das weitere Vorgehen gegen den IS schloss die Bundesregierung den Einsatz deutscher Bodentruppen in Syrien aus. Bei einem Besuch in Saudi-Arabien wies Außenminister Frank-Walter Steinmeier (SPD) entsprechende Überlegungen aus Reihen der Grünen zurück: "Das lässt sich leicht fordern in Deutschland, wenn man weiß, dass ein solches Mandat nicht zustande kommt".
Militärchefs aus mehr als 20 Ländern wollten am Dienstag nahe Washington das weitere Vorgehen beraten. Rund zwei Monate nach Beginn der US-Luftangriffe auf IS-Stellungen ist es das erste Treffen dieser Art.
Die Terrormiliz erzielte derweil weitere Geländegewinne. Wie die unabhängige irakische Nachrichtenseite Al-Sumaria News berichtete, eroberten die selbst ernannten Gotteskrieger im Westen des Iraks eine strategisch wichtige Militärbasis in der Stadt Hit. Diese liegt knapp 150 Kilometer nordwestlich der Hauptstadt Bagdad und beherbergte einen der letzten Armeestützpunkte in der vom IS kontrollierten Provinz Anbar. Die Regierungstruppen hätten einen "strategischen Rückzug" angetreten, hieß es.
Schwester einer britischen Geisel flehte die Entführer an
Auch im benachbarten Syrien rückten die Dschihadisten vor. Trotz erbitterten Widerstands kurdischer Kämpfer nahmen sie im Häuserkampf einige Gebiete in der seit langem umkämpften Stadt Kobane ein, wie die syrische Beobachtungsstelle für Menschenrechte mitteilte. Die Kurden hatten zuvor angegeben, Teile der Stadt vom IS zurückerobert zu haben. Unterstützt wurden sie dabei von Luftangriffen des internationalen Bündnisses.
Vermutlich in Syrien halten die sunnitischen Extremisten auch noch Ausländer gefangen. Die Schwester einer britischen Geisel flehte die Entführer an, den Kontakt mit ihrer Familie wieder aufzunehmen. Der Journalist war in den vergangenen Wochen in Propaganda-Videos der Gruppe zu sehen, mit dem Tod bedroht wurde er darin nicht.
Seine Schwester teilte in einem Statement mit, es sei für die Familie "frustrierend", dass der Kontakt abgebrochen sei. Bisher habe die Terrorgruppe mit ihnen kommuniziert, dann aber die Verbindung gekappt. Der IS hat bereits zwei britische und zwei US-Geiseln getötet und Videos der Morde im Internet verbreitet.
Die meisten deutschen IS-Kämpfer sind jünger als 30 Jahre
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Auf Seiten des Islamischen Staates kämpfen auch viele Deutsche. Wie die "Bild"-Zeitung (Dienstag) berichtete, sind die meisten deutschen Kämpfer jünger als 30 Jahre. Das Blatt berief sich auf Unterlagen deutscher Sicherheitsbehörden, in denen die Daten von 380 Dschihadisten ausgewertet sind. Die meisten sind demnach 15 bis 30 Jahre alt - ihr Anteil beträgt 65 Prozent. Wie es weiter hieß, sind 89 Prozent der deutschen Kämpfer Männer und elf Prozent Frauen.
Knapp jeder Vierte (116 Kämpfer) hat dem Bericht zufolge einen Schulabschluss; 41 haben Abitur und 31 einen Realschulabschluss. Von den Ausgereisten haben demnach 23 eine Ausbildung und acht ein Studium abgeschlossen. (dpa)