Essen/Gladbeck. Der Gladbecker Michael N, der sich Abu Dawud nennt, ist sein Jahren bekennender Staatsfeind. Er ist verhinderter Al-Kaida-Kämpfer und ist in einem aktuellen Video der Terrorgruppe IS zu sehen. Dort hetzt er gegen die “Ungläubigen“.

Der Tonfall des Dschihadisten ist scharf wie eh und je, sein Bart ähnlich lang wie vor fünf Jahren. Nur dass Michael N. jetzt nicht mehr sein weißes Predigergewand trägt, sondern den Kampfanzug der Terrorgruppe Islamischer Staat (IS).

Er sitzt vor der schwarzen IS-Fahne und nimmt die Mächtigen der Welt ins Visier. Obama, „den schmutzigen Lügner, die „schmutzige Merkel“, andersgläubige Länder und deren Führer: „Hollande, Cameron, Putin – versammelt euch gegen die Muslime. Ihr werdet nur verlieren.“

Es ist eine Terrordrohung mit Ansage. Eine, die womöglich hätte vermieden werden können. Denn der Gladbecker Michael N., der sich Abu Dawud nennt, ist seit Jahren ein bekennender Staatsfeind. Die Sicherheitsbehörden waren laufend darüber im Bilde.

Seine Familie kommt aus Oberhausen

Seine Familie kommt aus Oberhausen. N. bekennt sich zum Islam. Früh zieht es ihn auf die radikale Seite des Glaubens. Nach Informationen dieser Zeitung will er sich 2008 der Terrororganisation Al Kaida anschließen. Doch der Plan fliegt auf. In Pakistan wird N. festgenommen und inhaftiert.

Die Behörden schieben ihn nach Deutschland ab. Hier taucht der Dschihadist zunächst unter – und bald in einer anderen Extremistengruppe wieder auf. Er zählt nun zum inneren Zirkel des radikalen Salafistenvereins Millatu Ibrahim, der immer mehr Zulauf findet.

Im September 2009 predigt Michael N. beim Freitagsgebet in der Essener Faruq-Moschee an der Bersonstraße. Unter dem Pseudonym Abdullah und ganz in Weiß gehüllt, redet er den Muslimen ins Gewissen. Seine Forderung: mehr Disziplin und Einsatz für Allah.

„Wir sind hier, um für ihn für Ordnung zu sorgen“, ruft N. mit erhobenem Zeigefinger. Doch vielen liege mehr an „Satellitenschüsseln auf den Dächern“. Das sei nicht der Sinn des Lebens. Was zähle: „Möge Allah uns aufrichtig als Muslime sterben lassen.“

Als Abu Dawud stellt N. seine Predigten für Millatu Ibrahim ins Internet. Er verbreitet radikale Botschaften, nimmt Politiker öffentlich ins Fadenkreuz: Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU), den damaligen Außenminister Guido Westerwelle und Wirtschaftsminister Philipp Rösler (beide FDP).

„Deutschland wird regiert von einer Frau, einem Schwulen und einem Ausländer“, hetzt N. im April 2012 in einem Video. Sicherheitskreise sind alarmiert. Bundesinnenminister Hans-Peter Friedrich (CSU) erkennt eine „systematische, von hetzerischen Elementen durchsetzte Diskreditierung von Staatsorganen und Politikern der Bundesrepublik Deutschland“.

Seine Frau starb bei Verkehrsunfall

Ermittler warnen: „Der Mann schürt Hass. Irgendwann geht die Saat auf.“ Tage später liefern sich Millatu Ibrahim-Anhänger und andere Salafisten in Solingen und Bonn Straßenschlachten mit der Polizei. Zwei Beamte werden bei Messerattacken lebensgefährlich verletzt. N. ist in vorderer Front dabei. Er kommt in Gewahrsam, kurz darauf aber wieder frei. Im Mai 2012 verbietet Friedrich den Salafistenverein Millatu Ibrahim. N. bleibt unbehelligt.

Kurz darauf taucht der Gladbecker unter und setzt sich nach Ägypten ab. Dort kommt seine Frau bei einem Verkehrsunfall ums Leben. Im Internet hetzt N. weiter – nicht als Abu Dawud, sondern unter dem Decknamen "Hans Sachs". Regelmäßige Einträge auf seiner Facebook-Seite lassen keinen Zweifel: Der verhinderte Al Kaida-Kämpfer ist bei IS gelandet.

Dank seiner Computer-Kenntnisse steigt N. auf in der Hierarchie der Terrormiliz. Als Administrator zweier Internetseiten verbreitet er – offensichtlich im Auftrag von IS-Führungskadern – offizielle Propaganda der Terrorgruppe.

Die Krönung bisher: Sein Auftritt im aktuellen IS-Video. Sicherheitskreise werten die Terrordrohung als „Fingerzeig für die herausgehobene Position von Abu Dawud“. Der ruft den „lieben Geschwistern in Deutschland, Österreich und der Schweiz“ dreimal zu: „Macht euch auf den Weg.“