Düsseldorf. Die Berichte über misshandelte Flüchtlinge in NRW-Unterkünften haben Bestürzung ausgelöst. Der Landtag befasst sich am Donnerstag mit den Vorfällen. NRW-Innenminister Jäger (SPD) hat Versäumnisse eingeräumt. Einen Rücktritt, wie ihn CDU-Chef Laschet ihm nahegelegt hat, lehnte er am Abend ab.

In der Affäre um Misshandlungen in Flüchtlingsheimen hat Nordrhein-Westfalens Innenminister Ralf Jäger (SPD) einen Rücktritt abgelehnt. Jäger sagte am Abend im WDR-Fernsehen auf die Frage nach persönlichen Konsequenzen: "Es geht doch nicht um mich persönlich, es geht um viele Flüchtlinge, die nach Nordrhein-Westfalen kommen und denen wir eine sichere Unterkunft bieten müssen." Jäger sagte weiter, er sei zuversichtlich, dass Nordrhein-Westfalen in einigen Wochen die Lage besser im Griff habe.

Es war die Opposition im Landtag, die den Minister zuvor zum Rücktritt gedrängt hatte. „Wenn sie noch einen Funken Ehre im Leib haben, dann stellen Sie Ihr Amt zur Verfügung“, sagte FDP-Fraktionschef Christian Lindner in einer Aktuellen Stunde des Düsseldorfer Landtags. CDU-Landeschef Armin Laschet sieht die Verantwortung für eine Entlassung Jägers bei Ministerpräsidentin Hannelore Kraft (SPD). „Wollen Sie mit dieser Art eines Innenministers weiterarbeiten?“ Derzeit wird gegen elf Wachleute privater Sicherheitsdienste wegen des Verdachts der Körperverletzung ermittelt.

Nach den Übergriffen von Wachleuten auf Flüchtlinge in den Aufnahmeeinrichtungen in Burbach, Berleburg und Essen räumte der ins Zentrum der Kritik gerückte Innenminister offen Versäumnisse ein. Es dürfe nicht zugelassen werden, dass Schutzbefohlenen Unrecht geschehe. „Diesem hohen Anspruch sind wir nicht gerecht geworden“, bekannte der Minister. Die Behörden hätten den Fokus darauf gelegt, den zahlreichen Flüchtlingen ein Dach über dem Kopf zu organisieren. „Dabei haben wir die Einhaltung der Standards aus den Augen verloren. „Das war ein Fehler, der sich nicht wiederholen darf.“ Jäger kündigte erneut eine lückenlose Aufklärung der Misshandlungen von Flüchtlingen durch Wachleute an.

CDU-Chef Laschet legt NRW-Innenminister Jäger Rücktritt nahe

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Der Opposition reichte das nicht aus. „Bedauern ersetzt keine politische Verantwortung“, kritisierte Laschet. Gerade Jäger, der in Oppositionszeiten schnell mit Rücksichtsforderungen bei der Hand gewesen sei, müsse sich jetzt an früheren Maßstäben messen lassen. Der FDP-Innenexperte Joachim Stamp erinnerte daran, dass das Ministerium schon lange über die Überbelegung in Burbach informiert gewesen sei, aber nicht gehandelt habe. „Dafür trägt der Minister die politische Verantwortung.“ Auch heute noch würden Flüchtlinge in NRW ohne Gesundheitscheck und Impfschutz in Heimen untergebracht. In der Erstaufnahmeeinrichtung in Dortmund-Hacheney schliefen Flüchtlinge teilweise auf dem Boden, klagte Stamp.

Kritik entzündete sich vor allem an der mangelhaften Kontrolle privater Sicherheitsdienste in Flüchtlingseinrichtungen. Zwar war die betroffene Sicherheitsfirma SKI nach Bekanntwerden der Vorfälle umgehend gefeuert worden. Dass sich die menschenverachtenden Misshandlungen aber in NRW abspielten, habe das Bild des Landes in der Welt getrübt, bedauerte Laschet. „Sie haben mit Sicherheitsdiensten kooperiert, die Kriminelle eingestellt haben.“ Damit habe NRW eine Art rechtsfreien Raum zugelassen. Mehrere ehemalige Wachleute in Burbach werden beschuldigt, Flüchtlinge misshandelt und gedemütigt zu haben.

"Die Betreuungssituation ist uns aus dem Blick geraten“

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Die Grünen-Abgeordnete Monika Düker kritisierte die Fehleinschätzung, dass Standards in Heimen auch ohne Kontrollen eingehalten würden. „Offenbar ist es auch leichter, eine Sicherheitsfirma aufzumachen als eine Pommesbude“, mahnte Düker. Die Grünen fordern bis zum Jahresende ein neues Konzept des Landes für die Erstaufnahme von Flüchtlingen. Der SPD-Abgeordnete Willi Körfges räumte selbstkritisch ein, dass die Landespolitik zu arglos bei der Kontrolle von Standards gewesen sei. „Die Betreuungssituation ist uns aus dem Blick geraten.“

Die Innenminister von Bund und Ländern wollen in der übernächsten Woche über gemeinsame Konzepte zur Flüchtlingsaufnahme beraten. Nach Angaben Jägers rechnet NRW in diesem Jahr mit rund 40 000 neuen Flüchtlingen.