Essen. Der Bürgermeister von Burbach hatte das NRW-Innenministerium bereits im August über die schwierige Lage informiert. Während in Bayern und anderen Bundesländern Wachleute genau geprüft werden, erkennt NRW erst jetzt die Notwendigkeit für eine Reform. Bisher galten in den Asylheimen lockere Regeln.

Das NRW-Innenministerium war bereits Anfang August über die angespannte Sicherheitslage im Flüchtlingsheim Burbach informiert. Bei ei­nem Treffen des Burbacher Bürgermeisters Christoph Ewers (CDU) mit Staatssekretär Bernhard Nebe (SPD) am 5. August sei verabredet worden, den privaten Sicherheitsdienst in der zum Wohnheim umgebauten Kaserne von vier auf sechs Mitarbeiter aufzustocken, so eine Sprecherin von Innenminister Ralf Jäger (SPD). „Zweifel an der Seriosität“ der Wachleute seien indes kein Thema des Gesprächs gewesen.

Damit widersprach das Ministerium einem Bericht der „Süddeutschen Zeitung“, die Bürgermeister Ewers mit der Aussage zitiert hatte, er habe Staatssekretär Nebe gesagt, "dass die dort beschäftigten Sicherheitsfirmen unseriös sind“.

Kein Anlass für erhöhten Kontrollaufwand?

Der Sicherheitsdienst sei vielmehr „mit Blick auf das durch die angespannte Belegungssituation bestehende Konfliktpotenzial“ aufgestockt worden, erklärte dagegen das Innenministerium. Im Gespräch mit dieser Redaktion bestätigte Ewers die Darstellung des Innenministers.

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Der zuständige Arnsberger Regierungspräsident Bollermann (SPD) hatte zuletzt den Eindruck vermittelt, es habe gar keinen Anlass für einen erhöhten Kontrollaufwand seiner Behörde in Burbach gegeben.

Innenministerium wusste frühzeitig Bescheid

Der Druck auf die NRW-Landesregierung und die Bezirksregierung Arnsberg wegen der Misshandlungs-Fälle in Flüchtlingsheimen lässt nicht nach. Wie am Mittwoch bekannt wurde, war das NRW-Innenministerium bereits Anfang August über die angespannte Sicherheitslage im Flüchtlingsheim Burbach informiert worden.

Außerdem bestätigte die Polizei in Essen Ermittlungen gegen den früheren Leiter einer Essener Flüchtlings-Unterkunft. Er wird verdächtigt, Geld unterschlagen zu haben, das den Flüchtlingen zustand. In dieser Essener Einrichtung soll es auch zu Misshandlungen gekommen sein.

"Task Force" soll für mehr Kontrolle sorgen

Arnsberg bemüht sich, den Eindruck zu vermitteln, dass ab sofort alles getan werde, um Übergriffe des Sicherheitspersonals auf Asylbewerber zu verhindern: Eine zehnköpfige „Task-Force“ soll die Verhältnisse in den Heimen möglichst täglich kontrollieren; acht Standards für den Einsatz von Wachleuten sind ab sofort verbindlich.

Dazu gehören eine Sicherheitsüberprüfung, das polizeiliche Führungszeugnis und eine „Zuverlässigkeitsbescheinigung“. Polizei und Staatsschutz sollen das Sicherheitspersonal künftig gründlich überprüfen.

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Flüchtlingsunterkunft Burbach
Von Torsten Berninghaus und Boris Schopper

Bayern kommt ohne private Wachleute aus

Eine Umfrage dieser Redaktion in anderen Bundesländern ergab aber, dass viele der Standards, die NRW gerade erst im Zuge des Skandals einführt, andernorts längst üblich sind. Bayern kommt sogar fast ohne private Wachleute in Flüchtlingsheimen aus.

Während es in NRW auch nach den Misshandlungen möglich sein wird, dass private Heim-Betreiber wie European Homecare Verträge mit Sicherheits-Firmen aushandeln, schließen andere Bundesländer diese indirekten Vertragsabschlüsse kategorisch aus.

Niedersachsen wählt Sicherheitspersonal selbst aus

Ein Sprecher des Regierungspräsidiums Karlsruhe sagte über die 14 Erstaufnahme-Einrichtungen in Baden-Württemberg: „Dort schließen wir als Behörde die Verträge mit Sicherheitsdiensten direkt ab.“ Integrationsministerin Bilkay Öney (SPD) erklärte, dass besonders auf polizeiliche Führungszeugnisse geachtet werde.

Auch Niedersachsen wählt das Sicherheitspersonal für die drei Erstaufnahme-Einrichtungen selbst aus. Für die hessische Erstaufnahme in Gießen – ebenfalls von European Homecare betrieben – gelten nicht erst seit gestern strenge Regeln für Wachleute.

Deeskalation ist in Hessen wichtig

Das Regierungspräsidium Gießen schließt die Verträge mit der Sicherheitsfirma. Das Personal muss Deeskalation trainieren und „interkulturelle Kompetenzen“ nachweisen.

In Bayern sind nur in den Erstaufnahmeeinrichtungen München und Zirndorf private Wachleute im Einsatz. In Gemeinschaftsunterkünften, die in Bayern von den Bezirksregierungen betrieben werden, gibt es keine privaten Sicherheitsdienste. In NRW sind direkte Verträge zwischen der Bezirksregierung Arnsberg und Sicherheitsfirmen die Ausnahme.