Berlin. Die Bundeswehr hat ein ernsthaftes Materialproblem, das räumt nun auch die Verteidigungsministerin ein. Sie fordert mehr Geld, um auch Nato-Verpflichtungen nachkommen zu können. Der Koalitionspartner SPD findet dagegen: Mit Managementqualitäten muss es auch so gehen.
Angesichts der Ausrüstungsmisere der Bundeswehr macht die SPD Druck auf Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen. "Offenkundig gibt es kein gutes Management bei Beschaffung und Instandsetzung", sagte SPD-Fraktionschef Thomas Oppermann "Spiegel Online". "Frau von der Leyen muss nun schnell handeln." Zugleich stellte er klar, dass die SPD dabei eine von der Ministerin ins Spiel gebrachte Erhöhung des Wehretats ablehnt. "Der bestehende Etat muss ausgeschöpft werden. Die Verteidigungsministerin muss jetzt Managementqualitäten beweisen und die Bundeswehr mit den vorhandenen Mitteln fit machen", forderte Oppermann.
Die Materialprobleme der Truppe sind so groß, dass Deutschland zurzeit seine Bündniszusagen an die Nato nicht einhalten kann. In einem Krisenfall wäre die Bundeswehr nicht in der Lage, die zugesagten Flugzeuge und Hubschrauber bereitzustellen. Das räumte von der Leyen am Wochenende ein. Sie versicherte aber, dass die Bundeswehr gleichwohl alle Verpflichtungen bei laufenden Einsätzen und der kurzfristigen Krisenreaktion der Nato erfüllen könne.
"In den nächsten Wochen kommt ihre Stunde der Wahrheit"
Vergangene Woche war bekanntgeworden, dass ein erheblicher Teil der Bundeswehr-Systeme momentan nicht einsatzfähig ist. Nach einer Mängelliste von Generalinspekteur Volker Wieker stehen dem Heer zurzeit nur 10 von 31 "Tiger"-Kampfhubschraubern zur Verfügung, von 33 NH90-Transporthubschraubern sind nur 8 einsatzbereit. Der sogenannte Buchbestand an "Eurofighter"-Kampfjets liegt bei 109, davon sind theoretisch 74 verfügbar, aber nur 42 einsatzbereit.
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Auch der SPD-Verteidigungsexperte Rainer Arnold nahm von der Leyen in die Pflicht. "Bisher hat die Ministerin nichts entschieden. In den nächsten Wochen kommt für sie die Stunde der Wahrheit", sagte er der "Rheinischen Post". Der Bundestag wolle spätestens im Dezember über verschiedene Verteidigungsprojekte entscheiden. Er erwarte dazu schnelle Beschlussvorlagen aus dem Ministerium.
Mancher sieht Verantwortung bei Vorgängern
Der Vorsitzende des Verteidigungsausschusses des Bundestages, Hans-Peter Bartels (SPD), nahm von der Leyen dagegen in Schutz. "Sie hat das nicht herbeigeführt", sagte er dem "Kölner Stadt-Anzeiger". "Sie ist jetzt genauso alarmiert wie wir und hat die Chance, Verbesserungen in Auftrag zu geben."
Der ehemalige Inspekteur des Heeres, Helmut Willmann, forderte in der "Berliner Zeitung" mehr Geld für die Bundeswehr. "Man geht davon aus, dass man etwa 30 Prozent des Verteidigungsetats für Investitionen braucht. Und wir sind nie über 20 Prozent hinaus gekommen", kritisierte er. Grünen-Fraktionschef Anton Hofreiter meinte dagegen in den "Ruhr Nachrichten": "Es geht hier nicht um Geldmangel, sondern um Missmanagement." (dpa)