Essen. . Exxon Mobil behauptet, Gas ohne Giftstoffe aus tiefen Gesteinsschichten fördern zu können. Das befeuert die Debatte um die umstrittene Technologie. Denn das Hauptargument der Fracking-Gegner ist die Gefährdung des Grundwassers. Experten beurteilen die Behauptung von Exxon Mobil aber skeptisch.
NRW wird das „Angstthema“ Fracking wohl so schnell nicht los. Obwohl die Liste derjenigen, die die umstrittene Gasfördermethode am liebsten für immer von der Tagesordnung verbannen möchten mit Ministerpräsidentin Hannelore Kraft und dem gesamten Landtag prominenter kaum besetzt sein kann, brodelt es im Energieland NRW. Erdgas aus tiefen Gesteinsschichten mittels eines Wasser-Sand-Chemie-Cocktails zu gewinnen, dieser Gedanke löst bei vielen Menschen Unbehagen aus.
Für Verunsicherung sorgt zusätzlich die Bundesregierung. Wirtschaftsminister Sigmar Gabriel und Umweltministerin Barbara Hendricks (beide SPD) wollen Fracking bundesweit regeln. Doch die Grünen befürchten, dass Schlupflöcher bleiben. Ein Eckpunkte-Papier soll im November in die Kabinettsberatung.
„Ungiftig und biologisch abbaubar“
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Mitte in die Debatte platzt nun der Mineralölkonzern Exxon Mobile, mit seiner über eine bundesweite Anzeigenkampagne wohlplatzierten Nachricht, Fracking sei nun auch ohne den gefürchteten Giftcocktail möglich. Stimmt das, was die Labore des größten deutschen Erdgasförderers entwickelt haben wollen, dann würde sich das Hauptargument der Fracking-Gegner – die Bedrohung des Grundwassers – in Luft auflösen.
Nahezu alle der ursprünglich 150 notwendigen chemischen, teilweise hochgiftigen Substanzen will der Mineralölriese aus seiner Frac-Flüssigkeit eliminiert haben. Nur zwei Zusatzstoffe seien übrig: der Gesteinstabilisator Cholinchlorid und der Reibungsminderer Butyldiglychol. Beide Mittel seien „völlig ungiftig und zudem biologisch abbaubar“, wie Exxon Mobil-Sprecher Klaus Torp versichert. Damit bestehe die Flüssigkeit zu 99,8 Prozent aus Wasser und Sand. Die Zusatzstoffe machten lediglich 0,2 Prozent aus. Den Labortests müssten nun Probebohrungen folgen, so der Exxon-Sprecher.
„Das muss erst bewiesen werden“
Experten reagieren verhalten bis skeptisch auf den Vorstoß. „Wenn Exxon Mobil tatsächlich nur zwei ungiftige Zusätze beim Fracking verwendet, dann wäre das eine echte Innovation“, sagte Christian Melchers, Fachmann für Geoingenieurwesen an der Technischen Fachhochschule Georg Agricola in Bochum. Bisher gehe es beim Schiefergas-Fracking in Tiefen zwischen 2000 und 3000 Metern nicht ohne schädliche Substanzen. Melchers: „Vorstellbar ist diese Innovation. Aber sie muss erst bewiesen werden.“
Die Umweltschutzorganisation BUND verwies die Ankündigung ins Reich der Fabeln. „Das ist eine reine PR-Masche von Exxon Mobil. Es gibt bisher weltweit keinen Frack, der so funktioniert hat“, sagte Dirk Jansen, Geschäftsführer BUND NRW, dieser Zeitung. Experten aus der Bergbaubehörde des Landes halten die Entwicklung einer toxisch unbedenklichen Frac-Flüssigkeit allerdings für möglich, verweisen aber auf andere Risiken der Technologie, etwa das unkontrollierte Austreten von Methangas an den Bohrstellen.
Heftige Debatte in NRW
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In NRW wird de Fracking-Diskussion besonders heftig geführt. Das Land hat neben Niedersachsen die größten Fracking-Gas-Vorkommen. Gas- und Ölkonzerne haben sich bereits ihre Claims abgesteckt, vor allem im Münster- und im Weserbergland sowie am Niederrhein. Auch unter dem Bergischen Land und dem Sauerland werden gasführende Schichten vermutet. Am Kern-Ruhrgebiet ging bislang das Interesse vorbei. Weil hier die gasführenden Steinkohleschichten fast vollständig abgebaut sind, kommt das Revier für Fracking kaum in Betracht.
Eine Erlaubnis zum Fracken gibt es freilich nicht. „In NRW finden derzeit keinerlei Fracking-Maßnahmen statt, auch keine Probebohrungen“, betonte Friedrich Wilhelm Wagner, Leiter der Bergaufsicht in Arnsberg, gestern. Fracking sei damit de facto verboten.