Kairo/Berlin. . Der Scheich von Katar beteuert bei seinem ersten Regierungsbesuch in Berlin: Es gibt keine Unterstützung für die IS-Terrormiliz von seinem Mini-Staat. „Ich habe keinen Grund, den Aussagen des Emirs nicht zu glauben“, erklärte Kanzlerin Merkel diplomatisch zu dem Gelöbnis von Tamim bin Hamad al-Thani.
Jahrelang war Katar ein Meister der Widersprüche, eine Gernegroß und schillernder Polit-Jongleur, der allerdings zuletzt stark ins Stolpern geraten ist. Jetzt besuchte der junge Emir Tamim bin Hamad al-Thani erstmals offiziell Deutschland.
Der märchenhaft reiche Ministaat ist geprägt von einem wahabitischen Islam und unterhält gleichzeitig enge Kontakte zum arabischen Erzfeind Iran. Er ist Ausrichter der Fußball-Weltmeisterschaft 2022 und beutet gleichzeitig Hunderttausende miserabel bezahlter Wanderarbeiter aus. Er ist Standort der wichtigsten US-Luftwaffenbasis am Golf und gleichzeitig arabischer Hauptverbündeter der Muslimbrüder. Seine autoritäre Monarchie ist ohne Parlament, hält sich aber mit „Al Jazeera“ einen Haussender, der allen anderen nahöstlichen Regimen Demokratie predigt.
Frisch, berechenbar, aufgeschlossen und pragmatisch
Kein Wunder, dass Ruf und Einfluss in letzter Zeit deutlich gelitten haben. Der Druck der Nachbarn am Golf wächst. Die sozialen Verhältnisse im Land finden international scharfe Kritik. Und so erhofft sich Katar Entlastung und Rückendeckung vor allem von Europa und den Vereinigten Staaten. Am Mittwoch reiste der 34-jährige Emir Tamim bin Hamad al-Thani zum ersten Besuch nach Berlin, der im Juni 2013 als Viertgeborener von seinem Vater die Macht übernahm. Gleichzeitig bestellte die superreiche Scheichfamilie in den USA für neun Milliarden Euro Apache-Hubschrauber und Patriot-Batterien.
Der junge Emir stammt aus dem frommen Flügel der Familie, steht den Muslimbrüdern nahe und war lange Vize-Kommandeur der Streitkräfte. Wie viele andere arabische Potentaten wurde er an der renommierten britischen Militärakademie Sandhurst ausgebildet. Das Kommando als Staatschef übernahm vor anderthalb Jahren in schwierigen Zeiten. Im Vergleich zu den vergreisten Herrschern im benachbarten Saudi-Arabien oder dem alkoholkranken Emir von Kuwait jedoch wirkt der junge Autokrat, der in seinem Kabinett alles neue Gesichter um sich scharte, frisch, berechenbar, aufgeschlossen und pragmatisch. Beim Staatsbesuch an der Spree trat er in graugestreiften Anzug mit roter Krawatte auf und nicht im traditionellen Gewand vom Golf.
Deutsche Konzerne hoffen auf Gewinne durch WM 2022
Und so versteht Katar seine Wirtschafts- und Rüstungskontakte zum Westen als strategische Existenzgarantie. Es ist noch kein halbes Jahr her, dass der saudische Außenminister hinter verschlossenen Türen unverblümt dem kleinen, aufmüpfigen Nachbarn mit einer Seeblockade drohte und dem Schließen alle Landverbindungen. Eine militärische Besetzung Katars wäre für die saudische Armee eine Sache von Tagen. Wichtigster Dorn im Auge ist Saudi-Arabien, Bahrain und den Emiraten vor allem die offene Sympathie Katars für die Muslimbrüder der Region, die diese Staaten alle zur Terrororganisation deklariert haben.
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In Berlin geht es neben den bereits vereinbarten Rüstungsgeschäften vor allem um den Ausbau der Wirtschaftsbeziehungen. Katar besitzt die drittgrößten Gasvorkommen der Erde und ist das wohlhabendste Land des Globus. Zuletzt machte sein Einstieg bei der Deutschen Bank Furore, aber auch an Volkswagen, Siemens und Hochtief ist Katar beteiligt. Umgekehrt hoffen deutsche Konzerne auf reiche Gewinne durch die Fußball-Weltmeisterschaft 2022. Sie sind nicht nur am Bau der zwölf Stadien beteiligt, auch am Bau der neuen Metro von Doha sowie am Schienennetz für den Nahverkehr auf der gesamten Halbinsel. Mehr als 100 Milliarden Euro will der gasreiche Zwergstaat in den nächsten zehn Jahren in seine Infrastruktur investieren.
Emir weist Vorwürfe zu IS-Finanzierung zurück
Doch auch in Deutschland hat das Ansehen Katars gelitten. Die Rufe, dem Emirat die WM wegen der katastrophalen Zustände auf seinen Großbaustellen wieder zu entziehen, wollen nicht verstummen. Nur rund 280.000 der 1,7 Millionen Einwohner sind Kataris. In den nächsten Jahren sollen aus Asien weitere 220.000 Bauarbeiter angeworben werden, dann wären 80 Prozent aller Bewohner Männer. Zudem hat sich das Emirat erst kürzlich auf massiven internationalen Druck bereiterklärt, energischer gegen reiche Bürger und religiöse Stiftungen vorzugehen, die hohe Summen nach Syrien pumpen, um radikale IS-Brigaden zu unterstützen.
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Hauptfinanziers sind nach Erkenntnissen des US-Finanzministeriums und der Europäischen Gemeinschaft Mittelsmänner in Kuwait, denen auch beträchtliche Spenden aus privaten Kreisen in Saudi-Arabien und Qatar zufließen. Im Gespräch mit Bundespräsident Joachim Gauck und Bundeskanzlerin Angela Merkel wies Scheich Tamim bin Hamad al-Thani diese Vorwürfe rundheraus zurück. „Es gibt keine Unterstützung Katars für terroristische Bewegungen“, versicherte er in Berlin und überzeugte damit offenkundig seine Gastgeber. „Ich habe keinen Grund, den Aussagen des Emirs nicht zu glauben“, erklärte Merkel.