Gelsenkirchen. . Der Streit um das Ruhrparlament spaltet SPD und CDU im Ruhrgebiet immer mehr. Nachdem CDU-Mann Oliver Wittke den Sozialdemokraten “nordkoreanisches“ Denken vorgeworfen hatte, revanchiert sich jetzt die SPD: Gelsenkirchens OB Frank Baranowski wirft Wittke Tricksereien und Absprachen mit Rechtspopulisten vor.
Der Streit zwischen CDU und SPD über das stark vergrößerte und verteuerte Ruhrparlament in Essen eskaliert. Am Wochenende hatte CDU Ruhr-Chef Oliver Wittke SPD-Vorschläge, die Wahlperiode von sechs auf drei Jahre zu verkürzen, mit dem Hinweis gekontert, so etwas kenne man nur „aus Diktaturen wie Nordkorea“.
„Das ist taktlos“, wettert nun Frank Baranowski, der Sprecher der Ruhr-SPD. Er geht nun seinerseits in die Offensive und wirft der CDU vor, bewusst Absprachen mit einer rechtspopulistischen Partei in Recklinghausen getroffen zu haben, um dadurch eine Verdoppelung des Ruhrparlamentes von 71 auf 163 Sitze zu bewirken. Verdächtig früh habe Oliver Wittke gewusst, dass er die Reserveliste seiner Partei verlängern musste, um sie zur stärksten Fraktion im Ruhrparlament zu machen.
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„Wer mit solchen Tricks versucht, demokratische Wahlergenisse im Nachhinein zu verändern, indem er Gesetzeslücken für den eigenen Vorteil ausnutzt, hat jedes Recht verspielt, anderen undemokratisches Verhalten à la Nordkorea vorzuwerfen. Es bleibt bei der Forderung der SPD, so bald wie möglich dem demokratischen Wahlergebnis zur Geltung zu verhelfen“, so Baranowski.
SPD-Mann Thomas Eiskirch über Wittke: „Man darf nicht Biedermann spielen und tatsächlich Brandstifter sein“
Baranowskis Stellvertreter in der Ruhr-SPD, Thomas Eiskirch (Landtagsabgeordneter aus Bochum) wird noch deutlicher: „Wer derartig trickst und spaltet wie Herr Wittke und vor Vergleichen mit dem Mörderregime in Nordkorea noch nicht einmal zurückschreckt, kann nicht Vorsitzender der RVR-Verbandsversammlung werden.“ Wittke sei ein „Brandstifter“.
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Um diesen Streit zu verstehen, muss man die komplizierte Vorgeschichte kennen. Im Grunde ist das Kommunalwahlrecht, das die Zersplitterung der Stadträte auch in kleinste Fraktionen ermöglicht, die Ursache. Das Ruhrparlament wächst von 71 auf 138 Mitglieder, weil der Recklinghäuser Kreistag einen Vertreter der rechtspopulistischen UBP in die RVR-Verbandsversammlung gewählt hatte. Die Zahl der Stimmen, die dieser Politiker bei der Kommunalwahl im Mai von den Bürgern bekam, ist nun Grundlage für einen Sitz im Ruhrparlament. Rechnerisch müsste das Ruhrparlament 163 Mitglieder haben. Aber die Reserverliste der Sozialdemokraten ist viel zu kurz, um alle ihr in der RVR-Verbandsversammlung zustehenden Plätze zu besetzen. Konsequenz: Im Parlament des Ruhrgebietes sitzen künftig „nur“ 138 statt 163 Politiker, und die CDU stellt die stärkste Fraktion, obwohl dies gar nicht dem Kommunalwahl-Ergebnis entspricht. Wie es sein kann, dass die CDU kurz nach der Wahl ihre Reserveliste verlängerte, die SPD aber nicht, darüber kursieren viele Gerüchte.
SPD will einen Ruhrparlaments-Chef Wittke verhindern
Frank Baranowski und Thomas Eiskirch äußern die Vermutung, dass sich Oliver Wittke hier als „Strippenzieher“ betätigt habe. Er versuche als Verhandlungsführer der Union, „den anderen Parteien im Ruhrgebiet seinen Willen aufzudrücken“. Außerdem liebäugele er mit dem Vorsitz der Verbandsversammlung.
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Oliver Wittke hatte am Wochenende beim Bezirksparteitag der CDU Ruhr gesagt, für die Vergrößerung des Ruhrparlamentes trügen allein SPD und Grünen die Verantwortung. Diese Parteien hätten schon früher eine Direktwahl des Ruhrparlamentes durch die Bürger ermöglichen können. Dann wäre dem Revier eine solche Situation von vornherein erspart geblieben. Wittke sagte auch: „Dass SPD und AfD ihre ihnen nach dem Wahlausgang zustehenden Mandate nicht in Anspruch nehmen können, weil sie zu kurze Reservelisten haben, ist ebenfalls ihre eigene Verantwortung.“
Nicht nur doppelt so groß, sondern auch doppelt so teuer
Das neue Ruhrparlament soll sich am 26. September in Mülheim konstituieren. Es wird nicht nur doppelt so groß sein, sondern wohl auch doppelt so teuer. Voraussichtlich 800 000 Euro im Jahr mehr kostet den Steuerzahler die Aufblähung der RVR-Vollversammlung. Im Volksmund wird das unter den Bürgern in der Vergangenheit kaum bekannte Parlament wegen seiner neuen Größe schon als „Volkskongress“ verspottet.