Essen/Recklinghausen. 71 Mitglieder hat die Versammlung des Regionalverbandes Ruhr - bislang. Sie könnte aber auf bis zu doppelte Größe aufgebläht werden, weil gegen alle Wahrscheinlichkeit ein Rechtspopulist aus Recklinghausen hineingewählt wurde - und den anderen Parteien Ausgleichsmandate zustehen.
Kleine Ursache, riesige Wirkung: Weil der Recklinghäuser Kreistag einen Abgeordneten der rechtspopulistischen UBP in die Verbandsversammlung des Regionalverbandes Ruhr (RVR) wählte, droht dem Ruhrparlament nun eine dramatische und millionenteure Aufblähung – von bislang 71 auf bis zu 160 Mitglieder. Was ist passiert?
Die Wahl der sieben Mitglieder, die dem Recklinghäuser Kreistag in der RVR-Versammlung zustehen, geriet am Montag gleichsam außer Kontrolle. Der Kandidat der UBP, die dort über drei Sitze verfügt, erhielt sechs Stimmen. Woher die anderen drei Stimmen kamen, ist unklar – die Wahl war geheim. Damit ist er für das Ruhrparlament als Direktkandidat gewählt.
Kompliziertes Berechnungsverfahren
Dies wiederum führt aufgrund eines komplizierten Berechnungsverfahrens zu Ausgleichsmandaten für die anderen Parteien im RVR. „Es kann nun passieren, dass sich die Zahl der Mitglieder in der Verbandsversammlung deutlich erhöht“, so RVR-Sprecher Jens Hapke gegenüber unserer Redaktion.
Andere, wie Roland Nitschke, der CDU-Fraktionschef im RVR, gehen von einer satten Verdopplung der Mitglieder aus. „Die Ereignisse zeigen, wie reformbedürftig das RVR-Wahlrecht ist“, so Nitschke in einer ersten Reaktion. „Mir fehlt die Fantasie, wie bei einer derartigen Aufblähung die Arbeitsfähigkeit der RVR-Versammlung demnächst sichergestellt werden soll.“ Das genaue Ausmaß der Folgen wird erst in einigen Wochen feststehen, wenn alle 15 Kreise und kreisfreien Städte ihre Mitglieder für die RVR-Versammlung gewählt haben.
Von wegen Abgrenzung nach Rechtsaußen
Wolfgang Freye, Linke-Fraktionschef beim RVR, nannte die Vorgänge rund um die Wahl im Recklinghäuser Kreistag einen „Skandal“. Denn: „Wenn es drauf ankommt, nehmen es einige Mitglieder des Kreistags mit der Abgrenzung gegen Rechtsaußen wohl doch nicht so genau.“
Die drohende Aufblähung der Verbandsversammlung könnte nicht nur die Arbeitsfähigkeit des RVR gefährden, sondern würde auch teuer werden. Nach ersten Berechnung der RVR-Verwaltung würde eine Verbandsversammlung mit 160 Mitgliedern die Summe der Aufwandsentschädigungen für die Mitglieder von derzeit rund 450.000 Euro auf 900.000 Euro emporschießen lassen. Auch die knapp 600.000 Euro für die Finanzierung der Fraktionen würden sich verdoppeln.
Insgesamt würden sich die Mehrkosten auf 1,1 Millionen Euro summieren – pro Jahr. „Ein solche Kostenexplosion bei den RVR-Gremien hat es noch nie gegeben“, so Linken-Fraktionschef Freye.