Kiew/Moskau. Kiew berichtet von Truppen-Verlegungen im ostukrainischen Konfliktgebiet und einem Rückzug angeblich dort aktiver russischer Soldaten. Doch die Bundesregierung will trotz der bestehenden Waffenruhe neue EU-Sanktionen gegen Russland schnell anwenden.
Russische Soldaten haben dem ukrainischen Präsidenten Petro Poroschenko zufolge das Kampfgebiet in der Ostukraine verlassen. Der Geheimdienst habe ihn informiert, "dass 70 Prozent der russischen Kämpfer über die Grenze gegangen sind", sagte Poroschenko bei einer Kabinettssitzung am Mittwoch in Kiew, wie örtliche Medien berichteten. "Das gibt uns die Gelegenheit für eine friedliche Lösung des Konflikts."
Trotz der Waffenruhe im Konfliktgebiet dringt Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) auf eine sofortige Anwendung der geplanten EU-Sanktionen gegen Russland. "Angesichts der gegebenen Lage (...) treten wir dafür ein, dass jetzt auch eine Veröffentlichung dieser Sanktionen erfolgt", sagte Merkel im Bundestag. Die Kanzlerin betonte aber auch, dass die Sanktionen wieder zurückgenommen würden, wenn die zwölf Punkte des Minsker Protokolls für die Ostukraine erfüllt seien.
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EU-Botschafter beraten über weiteres Vorgehen
Die Botschafter der 28 Mitgliedsländer der Europäischen Union berieten am Mittwoch in Brüssel über das weitere Vorgehen. Die EU hatte zwar bereits am Montag härtere Sanktionen beschlossen, die Anwendung aber verzögert. Dies sollte der Moskauer Regierung einige Tage Zeit geben, sich im Ukraine-Konflikt um Frieden zu bemühen.
Poroschenko hatte am Vorabend bei einem Telefonat mit Kremlchef Wladimir Putin über die Waffenruhe in der Ostukraine gesprochen. Putins Berater Juri Uschakow zufolge waren beide trotz vereinzelter Verstöße zufrieden mit der Feuerpause. Die Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (OSZE) kündigte an, in der Ostukraine Überwachungsdrohnen einzusetzen.
"Wir müssen bereit sein zum Partisanenkrieg"
Seit Beginn der Waffenruhe gruppiert Kiew seine Militäreinheiten im Konfliktgebiet Poroschenko zufolge um. Dies sei nicht für einen Angriff auf prorussische Separatisten gedacht, sondern für die Verteidigung des Staatsgebiets, sagte er. "Wir müssen bereit sein zum Partisanenkrieg", sagte er. Einen Einsatz ausländischer Soldaten schloss er aus. "Das ist die Sache der ukrainischen Streitkräfte."
Ein für Mittwoch geplanter Gefangenenaustausch zwischen den prorussischen Separatisten und der Führung in Kiew wurde nach Angaben der Aufständischen auf Donnerstag verschoben. Die Regierung habe sich nicht an Absprachen gehalten, hieß es. Eine Bestätigung aus Kiew lag zunächst nicht vor. Schätzungen zufolge haben die Separatisten derzeit noch etwa 500 Soldaten in ihrer Hand. Die Regierung soll ihrerseits rund 300 Kämpfer gefangen halten.
Polens Staatspräsident Bronislaw Komorowski forderte bei einem Besuch in Deutschland eine entschlossene Haltung gegenüber Russland. "Dies ist mehr als ein regionaler Konflikt", sagte Komorowski im Bundestag.
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Poroschenko stellte mehr Autonomierechte für die Ostukraine in Aussicht. Eine Abspaltung des von den Separatisten kontrollierten Gebiets schloss er aber aus. Am kommenden Mittwoch soll sich das Parlament in Kiew mit dem Thema befassen. Der Präsident brachte zudem ein Gesetz auf den Weg, das Strafmaßnahmen gegen Russland ermöglicht. Moskau hatte den Entwurf scharf kritisiert.
Russland gab der Ukraine unterdessen erneut die Verantwortung für den Absturz des malaysischen Flugzeugs über der Ostukraine. Hätte die Ukraine im Konflikt mit prorussischen Separatisten nicht schwere Waffen eingesetzt, wäre es nicht zu dieser Tragödie gekommen, sagte Verteidigungsminister Sergej Schoigu.
Für den Einsatz im Krisengebiet Donbass übergab Deutschland dem ukrainischen Roten Kreuz Hilfsgüter im Wert von einer Million Euro. Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) warnte vor einer Gesundheitskrise in der Ukraine. Viele Flüchtlinge müssten in nicht winterfesten Behausungen unter prekären hygienischen Verhältnissen leben, berichtete die Organisation in Genf. Etwa 260.000 Menschen seien als Binnenflüchtlinge in der Ukraine registriert und mehr als 300.000 Menschen aus der Ukraine in Nachbarländer, vor allem nach Russland, geflohen. Die tatsächliche Zahl der Flüchtlinge liegt nach UN-Einschätzung wesentlich höher. (dpa)