Moskau/Brüssel. Mit neuen Sanktionen will die EU Russland zu einem Kurswechsel in seiner Ukraine-Politik bewegen. Moskau wehrt sich und droht im Gegenzug mit einem Überflug-Verbot für westliche Fluggesellschaften.

Russland hat für Fall neuer Sanktionen des Westens im Ukraine-Konflikt mit weitreichenden Gegenmaßnahmen gedroht. Denkbar sei ein Überflugverbot für westliche Airlines, sagte Regierungschef Dmitri Medwedew der russischen Zeitung "Wedomosti".

"Wenn westliche Gesellschaften unseren Luftraum meiden müssen, kann das zum Bankrott vieler Fluggesellschaften führen, die schon jetzt ums Überleben kämpfen." Medwedew versicherte, Russland wünsche eine solche Entwicklung nicht. "Es ist ein schlechter Weg. Die Sanktionen gegen uns haben nicht zu mehr Frieden in der Ukraine geführt."

Maßnahmen kommen "in den nächsten Tagen"

Die EU hat Moskau im Ukraine-Konflikt derweil Zeit zum Einlenken gegeben: Sie verzögert die Anwendung verschärfter Russland-Sanktionen um einige Tage. Das Paket sei aber von den nationalen Regierungen genehmigt worden, teilte EU-Ratspräsident Herman Van Rompuy am Montag in Brüssel mit.

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Die neuen Maßnahmen sollten "in den nächsten paar Tagen" in Kraft treten, schrieb Van Rompuy. "Dies wird (uns) Zeit geben für eine Beurteilung der Umsetzung der Waffenstillstands-Vereinbarung und des Friedensplans." Mit Blick auf die Situation vor Ort - also in der Ostukraine - sei die EU bereit, "die vereinbarten Sanktionen ganz oder teilweise noch einmal zu überdenken". Nach Angaben eines Diplomaten sollen die EU-Botschafter am Mittwoch wieder über die Lage beraten.

Strafmaßnahmen gefährden internationale Sicherheit

Das Paket, auf das sich die EU-Botschafter am Freitag geeinigt hatten, sieht laut Diplomaten härtere Wirtschaftssanktionen sowie Konten- und Reisesperren für rund 20 Personen vor, unter ihnen ostukrainische Separatisten und Meinungsführer aus der russischen Politik und Wirtschaft.

Für Staatsbanken, Rüstungsfirmen und Unternehmen aus der Erdölförderung will die EU den Zugang zu europäischen Krediten erschweren. Das Exportverbot für Technologie zur Erdölförderung wird ausgeweitet, ebenso die Beschränkungen zur Ausfuhr militärisch nutzbarer Güter.

Medwedew warf dem Westen vor, mit Strafmaßnahmen gegen Russland die internationale Sicherheit zu gefährden. "Die Wirtschaftssanktionen gegen uns haben politische Folgen, die schlimmer sind als irgendwelche Exportbeschränkungen", sagte der frühere Staatspräsident. Die globale Sicherheitsarchitektur werde geschwächt. "Wer als erster Sanktionen einführt, sollte sich klar darüber sein, dass er im Endeffekt auch sich selbst Probleme schafft", betonte er.

Lebensmittelpreise nach Einfuhrstopp für Westwaren explodiert

Russland hatte als Antwort auf Strafmaßnahmen der EU und der USA seinerseits einen Einfuhrstopp für zahlreiche westliche Lebensmittel verhängt. "Wir sind ein riesengroßes Land mit warmen Regionen und hervorragenden Bedingungen. Warum sollten wir also die ganze Zeit ausländische Früchte essen? Wir sollten uns und andere füttern", sagte Medwedew.

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Die russische Regierung habe Subventionen für die heimische Landwirtschaft beschlossen. Mit "Dutzenden Milliarden Rubel" unterstütze Moskau etwa den Treibhausgemüseanbau und die Milchviehzucht. "In russischen Geschäften sollten russische Produkte eine würdige Stelle einnehmen", sagte Medwedew der Zeitung.

Das Statistikamt Rosstat in Moskau hatte zuletzt über negative Folgen der russischen Gegenmaßnahmen berichtet. So seien in Russland die Lebensmittelpreise nach dem Einfuhrstopp für Westwaren explodiert. Bei ihren Einkäufen müssen die russischen Verbraucher derzeit im Schnitt zehn Prozent mehr für Nahrung ausgeben als vor dem Boykott. (dpa)