Frankfurt/Main. . Wenn der Kreml seine Drohung einer Luftraumsperre wahr macht, leiden Airlines wie die deutsche Lufthansa. Das Verbot würde einen der lukrativsten Märkte des Konzerns treffen. 180 mal fliegt die Lufthansa jede Woche über Russland. Doch auch für die russische Aeroflot wäre das Verbot schmerzlich.

Russland hat sich Überflüge von Verkehrsfliegern bislang gut bezahlen lassen. Die vom Kreml angedrohte Sperre des Luftraums würde daher nicht nur den Airlines und ihren Passagieren schaden.

Die Nationalstaaten lassen sich Flüge durch ihren Luftraum über die Streckengebühren bezahlen. Der Unterschied: Während in Deutschland die Deutsche Flugsicherung (DFS) ihre Kosten über die Gebühren wieder reinholen muss, leitet Russland einen großen Teil seiner Überflugeinnahmen an die staatliche Fluggesellschaft Aeroflot weiter. Rund 200 Millionen Euro soll die Gesellschaft auf diesem Weg im vergangenen Jahr eingenommen haben, was ziemlich genau ihrem Netto-Gewinn entsprach.

Verbot könnte Lufthansa empfindlich treffen

Die Routen über die Weiten Sibiriens sind vor allem für Flüge zwischen Europa und dem nördlichen Asien mit den Topzielen China, Japan und Korea interessant. Eine Sperre träfe daher die Anbieter in diesen Ländern sowie die großen europäischen Fluggesellschaften Air France, British Airways und Lufthansa. Ob sie gleich in die Pleite fliegen würden, wie Russlands Regierungschef Dmitri Medwedew hofft, scheint fraglich.

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Aber sie würden in einem ihrer wenigen lukrativen Märkte getroffen. Lufthansa und Co. haben im Norden noch attraktive Direktverbindungen anzubieten, während weiter südlich die Konkurrenz über die Drehkreuze in den arabischen Emiraten immer härter wird.

180 Lufthansa-Überflüge in der Woche

Auf mehr als 20.000 Euro pro Flug hat die russische Luftfahrtbehörde die Kosten beziffert, die Lufthansa & Co. dank der kurzen Routen derzeit noch am Sprit einsparen. Die Lufthansa mag das nicht bestätigen, nennt nur die Zahl von rund 180 Überflügen in der Woche. Die Alternativrouten etwa über den persischen Golf würden nicht nur deutlich länger dauern, sondern auch sofort zusätzliche Millionenkosten verursachen.

Doch auch die Russen haben einiges zu verlieren. Zunächst gehen die Überfluggebühren verloren und zudem könnte Europa seinerseits mit einem Überflugverbot für russische Maschinen kontern. Deren Wege nach Nordamerika würden sich damit ebenfalls deutlich verlängern.

Fluggesellschaften koordinieren Flüge selbst

Eine Luftraumsperre müsste wie andere wichtige Ereignisse auch der internationalen Luftfahrt bekanntgemacht werden. In Europa führt Eurocontrol in Brüssel eine Datenbank, in der sämtliche Fliegerinformationen (Notice to Airmen) gesammelt und aktuell gehalten werden. Die Einrichtung überprüft auch den für jeden Flug notwendigen und vorher einzureichenden Flugplan, lehnt also im Fall einer Sperre eine Route über Russland ab.

„Die großen Fluggesellschaften koordinieren ihre Flüge alle selbst und greifen auf die selben Daten zu wie wir“, berichtet Albert Schmitz vom Aeronautical Information Service Center (AIS-C) der DFS in Frankfurt. Die rund 60 AIS-Berater erstellen die Flugpläne für Privatflieger und kleinere Anbieter. Nur etwa 10 Prozent ihrer jährlich rund 140.000 Flugpläne verlassen Europa, ganz wenige gehen nach Westrussland.