Berlin. Bei der Maut fliegen zwischen CSU und CDU die Fetzen: CSU-Chef Seehofer empört sich über Finanzminister Wolfgang Schäuble (CDU), weil der die Maut schlechtmache. Seehofer spricht von “Sabotage“ - und fordert jetzt einen Treueschwur der Schwesterpartei.

Der Streit in der Union um die Pkw-Maut eskaliert. CSU-Chef Horst Seehofer griff am Wochenende Finanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) persönlich an und unterstellte ihm, mit Indiskretionen das Maut-Projekt zu sabotieren. Seehofer forderte ein klares Maut-Bekenntnis von der Schwesterpartei: "Will jetzt die CDU oder will sie nicht?"

Zuvor war im "Spiegel" eine Stellungnahme aus Schäubles Haus bekannt geworden, in der vernichtende Kritik am Konzept von CSU-Verkehrsminister Alexander Dobrindt geäußert wird. Seehofer sieht darin offensichtlich den vorläufigen Höhepunkt eines Feldzuges aus Teilen der CDU gegen die Maut: "Das erhärtet eigentlich meine Vermutung, dass der Finanzminister ja alles tun möchte, um das zu verhindern", sagte der bayerische Ministerpräsident am Sonntag der "Süddeutschen Zeitung".

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Innenministerium hat verfassungsrechtlich Bedenken gegen Pkw-Maut

Schäubles Haus zweifelt an der Höhe der Maut-Einnahmen, zudem hat das Innenministerium verfassungsrechtliche Bedenken. In der Expertise des Finanzministeriums wird die Befürchtung geäußert, dass "im Ergebnis erheblich weniger als 600 Millionen Euro pro Jahr für die Straßeninfrastrukturfinanzierung übrig bleiben". Dobrindt habe die Kosten für die Einführung und den Betrieb des Mautsystems womöglich zu niedrig angesetzt.

Im Innenministerium wird laut "Spiegel" die Gefahr gesehen, dass Autos, Kleinlaster und Lastwagen ungleich behandelt werden - was verfassungsrechtlich heikel sei.

Die Maut, mit der ausländische Autofahrer zur Kasse gebeten werden sollen, ist erklärtes CSU-Projekt, Union und SPD haben sie im Koalitionsvertrag vereinbart. Deutsche Autobesitzer soll sie unter dem Strich nichts kosten, weil die Gebühr mit der Kfz-Steuer verrechnet wird. Ob das europarechtlich so geht, ist umstritten.

Große CDU-Landesverbände sind gegen Pkw-Maut

Große CDU-Landesverbände wie Nordrhein-Westfalen, Baden-Württemberg und Rheinland-Pfalz wollen die Pkw-Maut nicht auf Straßen in Grenznähe haben, weil dann Touristen aus Nachbarländern fernbleiben könnten. Rot-grüne Länder sowie Kommunen schlagen eine Ausweitung der bestehenden Lkw-Maut vor, um trotzdem mehr Geld einzunehmen.

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Seehofer drohte indirekt mit einem Koalitionskrach, wenn die Kritik aus der CDU nicht aufhört. Nach den Landtagswahlen in Brandenburg und Thüringen am nächsten Sonntag sei die "politische Schonzeit" vorbei, sagte er der "Bild"-Zeitung (Montag).

Die CSU habe bisher alle Vorhaben der schwarz-roten Koalition mitgetragen, vom Mindestlohn bis zur Rente mit 63. "Und wir haben keines dieser Projekte vorher zerredet. Eine solche Unterstützung erwarten wir auch bei der Maut."

Die Chefin der CSU-Landesgruppe im Bundestag, Gerda Hasselfeldt, sagte der Deutschen Presse-Agentur, sie erwarte, dass sich alle Beteiligten bei der Erarbeitung des Gesetzentwurfs fair und konstruktiv verhielten. "Fest steht: Die Maut wird kommen und sie wird die vorgegebenen Kriterien erfüllen."

Seehofer schloss Kompromisse bei der laufenden Ausgestaltung der Pkw-Maut durch Dobrindt erneut nicht aus, sagte aber: "Das von Alexander Dobrindt vorgelegte Modell ist das beste, das ich kenne." Im Gespräch ist nach Angaben aus Koalitionskreisen, Landstraßen auszunehmen. Dobrindt wollte die Vignette aber für alle Straßen. Pläne von Schäuble, langfristig Autobahnen von privaten Investoren gegen Maut-Gebühren betreiben zu lassen, lehnte Seehofer ab. Das würde die Bürger zusätzlich belasten: "Das wollen wir nicht." (dpa)