Düsseldorf/Arnsberg. Viele Flüchtlingsunterkünfte in NRW sind “voll bis unter die Dachpfannen“. Seit 20 Jahren gab es in Deutschland nicht so viele Asylbewerber wie jetzt. Städte und Kommunen rufen um Hilfe — und haben schon zu ersten Notlösungen wie der Duisburger Zeltstadt gegriffen.
Angesichts steigender Asylbewerberzahlen wird in Nordrhein-Westfalen der Ruf nach mehr Unterstützung für die Kommunen lauter. "Wir können die Städte und Gemeinden mit dieser zunehmend schwierigen Aufgabe nicht allein lassen", teilte Bernd Jürgen Schneider, Hauptgeschäftsführer des Städte- und Gemeindebundes NRW am Mittwoch mit.
Nur eine ausreichende Finanzierung seitens des Landes sichere angesichts knapper kommunaler Kassen die Akzeptanz für Flüchtlinge in der Bevölkerung. Der kommunale Spitzenverband fordert Mittel für den Neubau von Unterkünften sowie Entlastung der Kommunen von Krankheitskosten, wenn diese eine bestimmte Höhe überschreiten. Auch der Städtetag kritisierte im "Kölner Stadt-Anzeiger" zu niedrige Pauschalbeträge pro Asylbewerber.
Das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge erwartet in diesem Jahr 170 000 Asylanträge - das sind soviele wie seit gut 20 Jahren nicht mehr. In Nordrhein-Westfalen seien die Unterbringungskapazitäten zur Zeit erschöpft, sagte Christoph Söbbeler, Sprecher der zuständigen Bezirksregierung Arnsberg. "Unsere Unterkünfte sind voll bis unter die Dachpfannen". Bereits jetzt greife das Land auf Notunterkünfte in Kasernen oder Kliniken zurück, suche aber weiter händeringend nach weiteren Lösungen für die Ankommenden.
Bislang keine Flüchtlinge in Duisburger Zeltstadt
Die Stadt Duisburg etwa hat in ihrer Not auf einem Sportplatz eine Zeltstadt eingerichtet. Bislang mussten dort keine Flüchtlinge einziehen. "Wir arbeiten intensiv mit der Stadt Duisburg daran, dass der Bezug dieser Zelte nicht notwendig wird", sagte Söbbeler. Der Flüchtlingsrat hatte die Zeltstadt als "menschenunwürdig" kritisiert.
Die Stadt Essen weicht beispielsweise inzwischen auf ehemalige Schulen aus und hat ein Hotel angemietet. "Auch Wohncontainer sind in Planung", sagte eine Stadtsprecherin. Die Stadt Köln sucht zur Unterbringung ebenfalls dringend Grundstücke und weitere Wohnobjekte, hieß es in einer Mitteilung.
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Finanzielle Entlastung von bis zu 43 Millionen Euro könnte nach Angaben des Bundessozialministeriums für die Kommunen die vom Bundeskabinett am Mittwoch beschlossene Neuregelung des Asylbewerberleistungsgesetzes bringen. So sollen zwar künftig Asylbewerber höhere Leistungen bekommen als über Jahrzehnte üblich. Gleichzeitig sollen bestimmte Personengruppen nicht mehr unter das Gesetz fallen und stattdessen bei Bedürftigkeit Sozialleistungen vom Bund beziehen.
Auch die Grünen fordern mehr Unterstützung der Kommunen insbesondere bei hohen Krankenkosten. Monika Düker, flüchtlingspolitische Sprecherin der Grünen-Fraktion im Landtag schlägt einen Hilfsfonds vor, aus dem Arztkosten erstattet werden könnten.
Die am Mittwoch in Berlin beschlossenen Pläne der Bundesregierung gehen ihr nicht weit genug: "Wir wollen das Asylbewerberleistungsgesetz abschaffen, damit Flüchtlinge besser integriert und die Kommunen entlastet werden". Der Unterhalt würde dann über das Sozialgesetzbuch finanziert. Das reduziere die Lasten der Kommunen um 50 Prozent. Diese Forderung findet auch bei Verbänden wie dem Flüchtlingsrat oder der Caritas im Erzbistum Köln Zustimmung. (dpa)