Donezk. Hilfslieferungen aus Moskau und Kiew für die notleidenden Menschen in den Konfliktgebieten Donezk und Lugansk sind unterwegs. Die Ukraine schickt Lebensmittel los, während der umstrittene russische LKW-Konvoi seine Route geändert hat - und die Grenze deshalb unbemerkt passieren könnte.

Auf dem Lenin-Platz in Donezk steht eine alte Frau und bettelt. Sie war Grubensanitäterin und hat wie viele Donezker Rentner seit zwei Monaten keine Rente mehr bekommen. Nach Angaben der ukrainischen Regierung können die Renten im Kampfgebiet, das noch von prorussischen Rebellen beherrscht wird, nicht mehr ausgezahlt werden – Postämter und Banken haben geschlossen.

„In der eingeschlossenen Stadt herrscht eine humanitäre Katastrophe“, sagt Alexander Sachartschenko, der neue Premierminister der prorussischen „Donezker Volksrepublik“. „Es gelangen keine Arzneimittel mehr in die Stadt, die Lebensmittel gehen zu Ende.“

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Russische Lkw verlassen ihre Route

„Humanitäre Katastrophe“ ist zur neuesten Propagandaparole in dem Krieg um das Donbass geworden. Spätestens seit der russische Präsident Wladimir Putin am Montag verkündete, Russland werde einen „humanitären Konvoi“ ins Kriegsgebiet schicken. Am Dienstag machten sich über 280 russische Lkw mit Hilfsmitteln auf, westliche und ukrainische Politiker argwöhnten sofort, Russland wolle den Konvoi als Vorwand – wie ein trojanisches Pferd nutzen, um Truppen als Begleitschutz und Waffen in die Ostukraine zu schleusen.

Die Unruhe wuchs weiter, als die Lastwagenkolonne die Marschroute verließ, die die Kontaktgruppe aus ukrainischen, russischen und OSZE-Unterhändlern sowie das Internationale Rote Kreuz abgestimmt hatten. Statt über Belgorod die Grenze in die ukrainische Region Charkow zu überqueren, geisterten die weiß gestrichenen Militärwagen auf russischen Trassen herum, tauchten erst Donnerstagnacht nahe der russischen Stadt Woronesch auf. Beobachter vermuteten, sie werde die Grenze am Kontrollpunkt Iswarino überqueren, der von den Rebellen kontrolliert wird.

Warum wurden die Lkw weiß gestrichen?

Was es mit dem russischen Hilfskonvoi auf sich hat, ist weiter unklar. Der Moskauer Publizist Aider Muschdabajew fragt, warum Militärautos für den Konvoi weiß gestrichen wurden: „Unser Katastrophenschutz besitzt genügend Lastwagen. Das alles erinnert weniger an humanitäre Hilfe, als an eine Geheimdienstoperation.“

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Nach russischen Angaben befördern die Kamas-Lkw 69 Dieselstromaggregate, 400 Tonnen Gries, 340 Tonnen Fleischkonserven, 30 Tonnen Tee, 680 Tonnen Wasser, 62,4 Tonnen Kindernahrung, 54 Tonnen medizinisches Material und 12 300 Schlafsäcke.

Ukraine schickt eigenen Hilfskonvoi los

Inzwischen hat auch die Ukraine aus Kiew einen Hilfskonvoi mit 30 Lastern Richtung Donbass in Bewegung gesetzt. Vor allem in den von den Ukrainern belagerten Städten Lugansk und Gorlowka, wo Strom und Wasser ausgefallen sind, herrscht Not.

Gestern schlug in Donezk zudem zum ersten Mal eine Artilleriesalve im Zentrum ein. Die Granaten töteten einen Passanten und beschädigten mehrere Häuser.