Donezk. Der Weg für eine internationale Hilfsmission für die Bevölkerung der Ost-Ukraine ist frei. Der ukrainische Präsident Poroschenko stimmte einem solchen Einsatz nach einem Telefonat mit Präsident Obama zu. Die ukrainische Armee setzt unterdessen ihren Angriff auf Donezk mit unverminderter Härte fort.

Der Weg für eine internationale Hilfsmission für die Bevölkerung im umkämpften Osten der Ukraine ist frei. Der ukrainische Präsident Poroschenko stimmte einem solchen Einsatz nach einem Telefonat mit US-Präsident Obama zu. An der Mission unter Leitung des Internationalen Roten Kreuzes (IRK) sollen sich demnach Russland, die EU, Deutschland und andere Partner beteiligen, wie die Präsidialverwaltung in Kiew mitteilte. Es gehe um einen Einsatz für die besonders von den blutigen Kämpfen betroffene Region Lugansk.

Russland hatte immer wieder eine solche Hilfsmission gefordert und dem Westen Zögerlichkeit sowie "Blindheit" für die Notlage der Menschen vorgeworfen. Die Bundesregierung hatte betont, dass es einen Hilfseinsatz nur mit Zustimmung der ukrainischen Regierung geben dürfe.

Auch interessant

Der Westen hatte Russland außerdem gewarnt, eigenmächtig unter dem Deckmantel einer Friedensmission in die Ukraine einzumarschieren. In der Ukraine gab es zudem Widerstand gegen einen humanitären Hilfseinsatz der Russen.

Es war die erste Bestätigung von ukrainischer Seite, dass die umstrittene Hilfsmission nun zustande kommt. Zuvor hatte Kremlchef Wladimir Putin die EU-Kommission über die Teilnahme Russlands an der Mission informiert. Barroso warnte Putin nach Angaben der EU-Kommission vor "einseitigen militärischen Aktionen, unter egal welchem Vorwand, inklusive humanitärer Einsätze".

Armee attackiert Separatisten in Donezk

Im Kampf gegen prorussische Separatisten setzt die ukrainische Armee ihren Angriff auf die Großstadt Donezk mit unverminderter Härte fort. Regierungseinheiten beschossen am Montag erneut Stellungen der Aufständischen mit schwerer Artillerie, wie die Verwaltung von Donezk mitteilte. Nach Angaben der Führung in Kiew stieg die Zahl der seit Beginn der "Anti-Terror-Operation" getöteten Soldaten auf mehr als 560. Zudem starben Schätzungen zufolge Hunderte Zivilisten und aufständische Kämpfer.

In Donezk wird die Lage immer dramatischer. Nach heftigem Granateneinschlag seien Krankenwagen und Löschfahrzeuge zu den betroffenen Vierteln gerast, hieß es. Mehrere Gebäude, darunter Wohnhäuser, wurden den Angaben zufolge getroffen. Über einigen Stadtteilen von Donezk stieg dichter Rauch auf.

Kiew lehnt Feuerpause ab - Separatisten sollen Waffen niederlegen

Nach Informationen des Stadtrats wurde auch ein Straflager von einem Geschoss getroffen. In der anschließenden Panik seien 106 Häftlinge geflohen. Mehr als 30 von ihnen kamen aber nach Angaben des ukrainischen Strafvollzugs wenig später wieder zurück. Ein Häftling kam bei dem Angriff ums Leben, 18 Menschen wurden verletzt.

Ein Armeesprecher in Kiew erklärte, das Militär ziehe den Belagerungsring um Donezk immer enger. "Mehrere Stützpunkte der Terroristen wurden attackiert", sagte er. Die moskautreuen Aufständischen erwiderten das Feuer. Sie fordern eine Waffenruhe, verlangen aber, dass sich die Regierungstruppen aus der Ostukraine zurückziehen. Die Führung in Kiew lehnt eine Feuerpause ab und fordert, dass die Aufständischen zunächst ihre Waffen niederlegen.

Auch in Lugansk wird die Situation für die Zivilbevölkerung immer unhaltbarer. Am Montag waren bereits den neunten Tag in Folge rund 250 000 Bewohner bei Sommerhitze ohne Strom und Wasser, wie der Stadtrat mitteilte. Zahlreiche Geschäfte waren geschlossen.

Deutschland mahnt Verhältnismäßigkeit an

Russland schlug vor, Medikamente in die Ostukraine zu liefern. Die Bundesregierung forderte Moskau auf, nur mit Kiew abgestimmte Hilfskonvois in das Gebiet zu schicken. Regierungssprecher Steffen Seibert mahnte auch die Führung in Kiew, die Verhältnismäßigkeit zu wahren.

Auch interessant

Deutschland forderte die Ukraine zugleich auf, auf eine angedrohte Blockade russischer Gas- und Öl-Lieferungen in den Westen zu verzichten. "Die Bundesregierung geht davon aus, dass die Ukraine die am Freitag von Ministerpräsident (Arseni) Jazenjuk angekündigte Maßnahme in der Form nicht umsetzen wird", sagte Seibert. Die Ukraine ist das wichtigste Land für den Transport von russischen Rohstoffen Richtung Westeuropa.

568 Soldaten getötet und 2120 verletzt

Seit Beginn des Militäreinsatzes der Regierung in der Ostukraine seien inzwischen 568 Soldaten getötet und 2120 verletzt worden, teilte Andrej Lyssenko vom Sicherheitsrat in Kiew mit. Die sogenannte Anti-Terror-Operation begann im April, in den vergangenen Wochen nahm die Armee vor allem die Städte Donezk und Lugansk ins Visier.

Am Absturzort des malaysischen Flugzeugs MH17 teilten die militanten Gruppen mit, alle Leichenteile und privaten Gegenstände der 298 Opfer geborgen zu haben. "Wir haben die letzten Überreste unter Wrackteilen entdeckt und der ukrainischen Seite übergeben", sagte Separatistenanführer Andrej Purgin. Seine Leute hätten das Trümmerfeld bei Grabowo komplett abgesucht.

Von internationalen Experten gab es zunächst keine Bestätigung. Die Helfer hatten das Gebiet nach dem mutmaßlichen Abschuss der Boeing am 17. Juli abgesucht, mussten den Absturzort aber zuletzt wegen der Gefechte verlassen. (dpa)