Kiew/Wien. . An der MH17-Absturzstelle in der Ostukraine können Experten endlich die Ermittlungen fortsetzen. Gefechte gefährden aber weiter die Arbeit. Und der Aufenthalt bewaffneter ausländischer Sicherheitskräfte birgt neues Konfliktpotenzial.
Zwei Wochen nach dem Absturz des Passagierflugzeugs MH17 im ukrainischen Konfliktgebiet kommen die Arbeiten ausländischer Experten an dem Trümmerfeld allmählich voran. Trotz weiterhin erbitterter Gefechte in der Region könnten Fachleute aus Australien und den Niederlanden ihre Ermittlungen fortsetzen, sagte OSZE-Sprecher Michael Bociurkiw am Freitag in Kiew. Mehr als 100 Fachleute suchten nach Hinweisen auf die Unglücksursache sowie nach sterblichen Überresten. Die bisher größte internationale Gruppe am Ort sei mit mehr als 14 Wagen nach Grabowo gefahren, teilte die Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (OSZE) mit.
Die Boeing mit 298 Menschen an Bord war am 17. Juli abgestürzt. Die ukrainische Armee und prorussische Separatisten beschuldigen sich gegenseitig, das Flugzeug mit einer Rakete abgeschossen zu haben.
Russische Manöver seien seit Monaten geplant
Kremlchef Wladimir Putin mahnte zum 100. Jahrestag des Beginns des Ersten Weltkriegs, dass der Friede in Europa "zerbrechlich" sei. Ohne den blutigen Konflikt in der Ukraine direkt zu erwähnen, sagte Putin in Moskau: "Die Menschheit sollte längst begriffen und die wichtigste Wahrheit anerkannt haben: Gewalt erzeugt Gewalt." Frieden und Wohlstand seien nur durch "guten Willen und Dialog" zu erreichen. Dies seien die Lehren aus Kriegen, sagte der Präsident bei der Einweihung eines Denkmals für die Opfer des Ersten Weltkriegs.
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Wenige Tage nach einer Teilmobilmachung in der krisengeschüttelten Ukraine kündigte Russland stufenweise Militärübungen in allen Wehrbezirken an. In den nächsten drei Monaten würden Reservisten zu Manövern einberufen, teilte das Verteidigungsministerium in Moskau mit. Die seit Monaten geplanten Übungen seien keine Reaktion auf die Gefechte im Nachbarland, sagte ein Sprecher. Kiew wirft Moskau vor, einen Einmarsch zu planen.
Russlands Generalstaatsanwalt Juri Tschaika erhob seinerseits schwere Vorwürfe gegen die prowestliche Regierung in der Ukraine. "Wir sind Zeuge von Kriegsverbrechen, für die das ukrainische Militär strafrechtlich zur Verantwortung gezogen wird", sagte der kremltreue Jurist. Die Armee verwende verbotene Waffen wie etwa ballistische Raketen sowie Phosphorbomben gegen friedliche Bürger.
Experten setzen Arbeiten an MH17-Absturzstelle fort
Der Russlandbeauftragte der Bundesregierung, Gernot Erler (SPD), warnte vor einer Eskalation der Ukraine-Krise. "Der russische Präsident Wladimir Putin steht unter sehr starkem Druck, die von ihm unter Schutz genommenen russischsprachigen Bewohner der Ostukraine nicht im Stich zu lassen", sagte er der "Neuen Osnabrücker Zeitung" (Freitag). Falls den Separatisten eine Niederlage drohe, könne niemand ein Eingreifen Moskaus ausschließen. "Es wäre eine schreckliche Eskalation, wenn es zu einer direkten Intervention (Russlands) käme", sagte Erler.
Am Absturzort im Raum Donezk setzten Experten die Bergung von Leichen fort, wie die OSZE in Wien mitteilte. Erbitterte Kämpfe in der Region hatten dies bislang verhindert. Noch immer wurden Dutzende Leichen in dem Trümmerfeld nicht geborgen. Nach OSZE-Angaben sollen nun auch Spürhunde eingesetzt werden, um verbliebene menschliche Überreste zu finden.
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Die ukrainische Armee und die moskautreuen Separatisten vereinbarten bei Krisengesprächen in Minsk, den Ermittlern einen Zugang zum Absturzort zu gewährleisten, wie der ukrainische Ex-Präsident Leonid Kutschma in Kiew sagte. Beide Lager hätten zudem den gegenseitigen Austausch von 20 Gefangenen beschlossen. "Die Männer werden in Kürze freigelassen", sagte Kutschma, der am Donnerstag als Vermittler an dem Treffen in der weißrussischen Hauptstadt teilgenommen hatte.
Ukraine gestattet ausländisches Militär an Absturzstelle
Bei erneuten heftigen Gefechten kamen zahlreiche Menschen ums Leben. Mindestens zehn ukrainische Soldaten seien getötet worden, als ihre Einheit in Schachtjorsk bei Donezk in einen Hinterhalt geriet, sagte Armeesprecher Alexej Dmitraschkowski. Dabei starben auch vier Separatisten. In Lugansk wurden mindestens fünf Zivilisten getötet.
Der ukrainische Präsident Petro Poroschenko unterzeichnete zwei wichtige Abkommen. Sie gestatten Australien und den Niederlanden, bewaffnete Kräfte an den Absturzort zu entsenden. Beide Länder dürften insgesamt 950 Soldaten und Ermittler zeitweise stationieren. Die Aufständischen kritisierten diese Vereinbarung scharf. "Das ist eine Militärintervention, gegen die wir uns wehren werden", drohte der Separatistenführer Andrej Purgin in Donezk.
Die Niederlande leiten den Einsatz in Grabowo, weil 193 der 298 Opfer Niederländer waren. Aus Australien kamen 28 der Absturzopfer. (dpa)