Washington/Erbil. Jetzt doch keine große US-Rettungsmission im Irak? Erst ließ das Weiße Haus große Pläne verlauten. Dann rudert das Pentagon zurück. Nur eine Panne in der internen Kommunikation? Spezialeinheiten kamen zum Schluss, dass sich im Gebirge wesentlich weniger Menschen befänden als zunächst angenommen.
Ein US-Militäreinsatz im Nordirak zur Rettung von Flüchtlingen ist nach Angaben des US-Verteidigungsministeriums eher unwahrscheinlich. Spezialeinheiten seien nach Erkundungen im Sindschar-Gebirge zu dem Schluss gekommen, dass sich dort wesentlich weniger Menschen befänden als zunächst angenommen. Nach Luftschlägen der USA seien vielen gelungen, der Belagerung durch die Terrormilizen Islamischer Staat (IS) zu entkommen.
Auch seien die Verfolgten nach Abwürfen von Nahrung und Wasser durch US-Militärs besser versorgt als noch vor einigen Tagen , teilte Pentagonsprecher John Kirby am Mittwochabend (Ortszeit) mit. Unterdessen gingen die US-Luftangriffe auf islamistische Milizen in der Region weiter.
Nur wenige Stunden zuvor hatte die US-Regierung erklärt, sie erwäge eine Luftbrücke oder die Einrichtung von Korridoren, um die bedrohten Menschen in Sicherheit zu bringen. Es handelt sich vor allem um Angehörige der Minderheit der Jesiden. Zeitweise war von bis zu 20 000 Menschen die Rede, die sich vor den IS-Kämpfern in das karge Gebirge zurückgezogen hätten.
Gab es eine Entführung?
Kirby sagte, eine Evakuierungsaktion sei nach den neuen Erkenntnissen "viel weniger wahrscheinlich". Die Luftabwürfe von Nahrung und Wasser gingen aber weiter, sagte Kirby.
Der TV-Sender CNN zitierte einen hohen IS-Kommandeur, die Milizen hätten etwa 100 Frauen und Kinder der Jesiden aus dem Sindschar-Gebirge entführt. Die Entführten befänden sich in der Stadt Mosul im Nordirak. CNN fügte allerdings hinzu, die Behauptung lasse sich nicht durch unabhängige Quellen bestätigen.
Unterdessen setzte das US-Militär seine Luftangriffe gegen die sunnitischen Milizen fort. Eine Kampfdrohne habe am Mittwochabend (Ortszeit) einen mit Waffen ausgerüsteten Lastwagen westlich von Sindschar angegriffen und zerstört, teilten die Militärs in Tampa (Florida) mit.
Bundesregierung schließt Waffenlieferungen nicht mehr aus
Die im Nordirak gegen die Extremisten kämpfenden Kurden sollen Militärhilfe aus Europa erhalten. Als erstes EU-Land kündigte Frankreich an, wie die USA Waffen an die Kurden zu liefern. Die Bundesregierung schließt inzwischen auch Waffenlieferungen nicht mehr aus. In der Koalition ist das aber hoch umstritten.
Im Irak und in Syrien sind nach Angaben der EU-Kommission inzwischen mehr als 2000 gewaltbereite Islamisten aus der Europäischen Union unterwegs. Es gebe keine spezifische Zahl für den Irak, weil etwa Kämpfer wie die der Terrormiliz IS auch im Nachbarland Syrien aktiv seien, gab das Büro von EU-Innenkommissarin Cecilia Malmström bekannt. (dpa)