Kiew/Moskau/Donezk. Bei der ukrainischen Großstadt Charkow soll der umstrittene russische Konvoi mit Hilfsgütern die Grenze überqueren. Doch die Führung in Kiew beharrt darauf, die Lastwagen nur unter Kontrolle des Roten Kreuzes ins Land zu lassen. Sie hat Angst vor Waffenschmuggel.
Der Streit um russische Hilfslieferungen für die umkämpfte Ostukraine spitzt sich kurz vor Ankunft des Konvois an der Grenze zu. Die Regierung in Kiew bekräftigte am Mittwoch ihre schweren Vorbehalte: Nur unter Federführung des Internationalen Komitees vom Roten Kreuz werde der Konvoi ins Land gelassen, sagte der ukrainische Ministerpräsident Arseni Jazenjuk am Mittwoch. Ohne ein solches Mandat könnte die Kolonne wieder umdrehen. Die rund 280 Lastwagen sollten noch am Mittwoch den Grenzübergang Schebekino bei der Großstadt Charkow nördlich des Krisengebiets erreichen.
Innenminister Arsen Awakow teilte mit, dass der russische Konvoi nicht das Gebiet Charkow durchqueren dürfe. Die Route über Schebekino galt aber bisher als vereinbart. Einen Grund nannte Awakow nicht. Die Zeit drängt für die Hilfe, die an diesem Donnerstag in Lugansk ankommen soll. In der Großstadt sind rund 250.000 Einwohner seit elf Tagen ohne Versorgung.
Rotkreuz-Mitarbeiter sollen Kolonne führen
Russlands Außenminister Sergej Lawrow hatte betont, dass alle Einzelheiten mit der ukrainischen Regierung besprochen seien und der Konvoi nach Schebekino fahre, obwohl es ein Umweg sei. Moskau stimmte überdies zu, dass an der Grenze ukrainische Kennzeichen an den Fahrzeugen montiert würden. Zudem sollten Rotkreuz-Mitarbeiter die Führung der etwa drei Kilometer langen Kolonne übernehmen.
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Die Vorbehalte in der Ukraine gegen die Hilfe aus Russland sind groß. Moskau zeige mit seinem Hilfskonvoi "grenzenlosen Zynismus", sagte Jazenjuk. "Erst schicken sie Panzer und Banditen in die Ukraine, dann Wasser und Salz", sagte er. Die prowestliche Führung in Kiew befürchtet zudem, dass Moskau unter dem Deckmantel einer Hilfsaktion Waffen für Separatisten einschmuggeln könnte. Kremlsprecher Dmitri Peskow nannte den Vorwurf "absurd".
Neue heftige Gefechte
Regierungstruppen und prorussische Separatisten lieferten sich im Krisengebiet Donbass erneut heftige Gefechte. Die ganze Nacht seien Explosionen zu hören gewesen und mindestens fünf Zivilisten getötet worden, teilte der Stadtrat in Donezk mit. Damit sei die Zahl der Toten seit Wochenbeginn auf etwa 60 gestiegen, sagte ein Sprecher der Aufständischen der Agentur Interfax.
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Andrej Lyssenko vom ukrainischen Sicherheitsrat sagte, dass seit Dienstag 11 Soldaten getötet und 41 verletzt worden seien. Die militante Bewegung Rechter Sektor teilte zudem in Kiew mit, dass zwölf ihrer Anhänger bei Kämpfen im Krisengebiet getötet worden seien. Die Männer seien in einem Bus in einen Hinterhalt geraten, sagte ihr Sprecher Artjom Skoropadski dem Fernsehsender 112.ua.
In Moskau wurden bei einer nicht erlaubten Gedenkveranstaltung der Kremlgegner für zivile Opfer des Ukraine-Konflikts insgesamt 25 Demonstranten und Störer festgenommen. Zahlreiche Menschen hatten vor der ukrainischen Botschaft Blumen niedergelegt und Kerzen angezündet. (dpa)