Washington/Erbil. Präsident Obama will die US-Luftangriffe gegen die Terrormiliz Islamischer Staat im Irak “wenn nötig“ fortsetzen: “Wir werden tun, was immer nötig ist, um unsere Leute zu schützen“, sagte Obama. Die US-Luftangriffe auf Dschihadisten im Nordirak lassen Kurden auf ein Ende des IS-Vormarsches hoffen.

Nach den ersten US-Luftangriffen auf die Terrormiliz Islamischer Staat (IS) hoffen die Kurden im Nordirak auf ein Ende des Vormarsches der Dschihadisten. Bei den Bombardements sowie Angriffen der irakischen Armee und der kurdischen Peschmerga-Kämpfer wurden nach Angaben aus Sicherheitskreisen Dutzende IS-Kämpfer getötet. Bewaffnete kurdische Gruppen bilden derweil junge Männer und Frauen für den Kampf gegen die sunnitischen Extremisten an der Waffe aus.

Die Ko-Vorsitzenden des Kurdischen Nationalkongresses, Nilüfer Koc, sagte der Nachrichtenagentur dpa am Samstag, es gehe darum, dass die Menschen in ihren Dörfern blieben und ihr Land verteidigten. "Die IS-Miliz arbeitet mit psychologischer Kriegsführung: Sie verbreitet Furcht, schüchtert die Bevölkerung ein. Und wenn die Menschen fliehen, greift sie an. Hier setzt die Strategie zum Widerstand an."

Dem Kurdischen Nationalkongress gehören neben der in der Türkei verbotenen PKK mehr als 50 Parteien und Organisationen an. Koc zufolge kämpfen im Nordirak neben Peschmerga und den lokalen Milizen inzwischen auch Angehörige der PKK sowie der kurdischen PYD-Kräfte aus Syrien gegen die sunnitischen Extremisten.

Laut einem aktuellen UN-Bericht beherbergt die kurdische Autonomieregion im Nordirak mittlerweile über 600 000 Flüchtlinge. 380 000 Iraker sind seit den Angriffen des Islamischen Staates in die weitestgehend stabile Region im Norden des Landes geflohen; hinzu kommen rund 230 000 Flüchtlinge aus dem syrischen Bürgerkrieg.

Laut UN 200 000 Menschen seit Montag vertrieben

Nach UN-Angaben sind allein seit Montag rund 200 000 Menschen vertrieben worden, rund 40 000 davon aus Kirkuk. Die meisten stammten aus christlichen und jesidischen Dörfern. Weiterhin seien noch Tausende vornehmlich jesidische Familien im irakischen Sindschar-Gebirge eingeschlossen. Die UN-Mission im Irak schätzt deren Zahl auf 15 000 bis 55 000.

Die Jesiden waren mehrere Tage lang von der Außenwelt abgeschnitten, bevor US-Maschinen in der Nacht zum Freitag erste Hilfslieferungen abwarfen. Kurdische Medien berichteten, dass IS-Extremisten auf Flüchtlinge schossen, die versuchten, das Gebirgsmassiv in Richtung Syrien oder Kurdistan zu verlassen. Nach örtlichen Medienberichten konnten Peschmerga-Soldaten inzwischen 10 000 Jesiden durch einen Schutzkorridor in Sicherheit bringen.

Darüber hinaus warten nach Angaben des Zentralrats der Jesiden in Deutschland aber noch 200 000 Angehörige der Religionsgemeinschaft in ihren Dörfern in der Region Sindschar auf Hilfe. Mehrere Tausend Jesiden demonstrierten am Samstag in Bielefeld gegen die IS-Gräuel im Nordirak. "Das ist kein Krieg sondern Völkermord", "Stoppt IS", stand auf Plakaten. Die Demonstration verlief zunächst friedlich.

US-Kampfflugzeuge hatten am Freitag in zwei Angriffswellen Stellungen der Terrormiliz in der Nähe der Stadt Erbil geflogen. Dabei kamen neben F-18-Jets eines Flugzeugträgers auch Predator-Kampfdrohnen zum Einsatz. Nach kurdischen Angaben kamen bei einem US-Angriff in der Chasir-Region mindestens 20 Dschihadisten ums Leben und 55 weitere wurden verletzt.

In der südlicher gelegenen Provinz Dijala tötete die irakische Luftwaffe nach Angaben aus Sicherheitskreisen bei drei Angriffen 28 IS-Kämpfer. Peschmerga-Soldaten wehrten nach Angaben der Nachrichtenseite Shafaaq News einen Angriff auf den Ort Tus Churmatu bei Kirkuk ab.

"Wir werden tun, was immer nötig ist, um unsere Leute zu schützen"

Die US-Regierung begründet die Luftangriffe mit dem Ziel, eigene Landsleute im Irak zu schützen sowie den Vormarsch der IS-Extremisten und die Verfolgung christlicher und anderer Minderheiten zu stoppen. Präsident Barack Obama betonte, die USA hätten in vielen Teilen des Iraks Diplomaten und Berater im Einsatz. "Und wir werden tun, was immer nötig ist, um unsere Leute zu schützen", sagte er in einer öffentlichen Rundfunkansprache.

In einem Interview der "New York Times" (Samstag) betonte Obama, die USA hätten keine Absicht, "die Luftwaffe Iraks zu sein". Die USA seien jedoch offen für die Unterstützung dauerhafter Bemühungen, sunnitische Militante aus dem Irak zu treiben - wenn es eine breitgefächerte Regierung in Bagdad gebe. "Wir werden sie kein Kalifat in Syrien und dem Irak schaffen lassen", sagte Obama. "Aber wir können das nur tun, wenn wir wissen, dass wir Partner (...) haben, die fähig sind, die Lücke zu füllen."

Am Sonntag will das irakische Parlament über die Regierungsbildung beraten. Bislang war eine Einigung am Streit der politischen Blöcke gescheitert. (dpa)