Moskau/Charkow. Moskau zeigt demonstrativ Stärke. Eine groß angelegte Militärübung mit über 200 Kampfjets erhöht die Spannungen im Ukrainekonflikt. Dabei fordert die Bundesregierung von Russland Maßnahmen zur Deeskalation. Allerdings hatten auch Nato-Staaten mit Militärmanövern auf die Krise reagiert.
Die russischen Luftstreitkräfte haben inmitten wachsender Spannungen mit dem Westen ein nach eigenen Angaben bisher beispielloses Großmanöver mit mehr als 100 Kampfflugzeugen begonnen. An den bis 8. August dauernden Übungen des westlichen und zentralen Wehrbezirks seien Kampfjets sowie Hubschrauber verschiedener Klassen beteiligt, sagte Luftwaffensprecher Igor Klimow am Montag der Agentur Interfax zufolge. Erstmals finde ein solches Manöver über drei Wehrbezirke statt. Auch in Nato-Staaten hatte es zuletzt im Zuge der Ukrainekrise Militärmanöver gegeben.
Die Bundesregierung forderte von Russland erneut "ganz klare Schritte zur Deeskalation" im Ukraine-Konflikt. "Wir beobachten das, was an der russisch-ukrainischen Grenze passiert, sehr genau", sagte eine Sprecherin des Auswärtigen Amtes in Berlin. Zum russischen Großmanöver wollte sie nicht Stellung nehmen.
Auch interessant
Unfallstelle von Flug MH17 wird immer noch untersucht
Von der ostukrainischen Stadt Charkow flog am Montag ein weiteres Flugzeug mit Leichenteilen aus der malaysischen Unglücksmaschine MH17 in Richtung Niederlande. Das Flugzeug solle am Nachmittag in Eindhoven landen, sagte ein Behördensprecher. Die Überreste waren in den vergangenen Tagen von internationalen Helfern am Absturzort bei Grabowo geborgen worden. Dort suchten erneut etwa 100 Rettungskräfte nach Leichenteilen sowie persönlichen Gegenständen der 298 Opfer.
Die Einsatzkräfte gehen von mehrwöchigen Arbeiten aus. Bisher sei erst eine von fünf Zonen im Gebiet abgesucht worden, sagte ein Sprecher. Die Boeing 777-200 war am 17. Juli vermutlich abgeschossen worden. Armee und Aufständische geben sich gegenseitig die Schuld.
Auch interessant
Versorgungsprobleme in Lugansk
In den ostukrainischen Gebieten Lugansk und Donezk dauerten die Gefechte zwischen Regierungskräften und prorussischen Separatisten unvermindert an. In Lugansk seien durch Artilleriebeschuss die Wasser- und Stromversorgung sowie das Telefonnetz zusammengebrochen, teilte die Verwaltung der Großstadt mit. Große Versorgungsprobleme gab es auch in der 150 Kilometer südwestlich gelegenen Großstadt Donezk.
Regierungstruppen legten in der Kampfzone unterdessen Fluchtkorridore für Zivilisten an. Das Feuer werde dort täglich für mehrere Stunden eingestellt, sagte ein Militärsprecher. Der Sicherheitsrat in Kiew rief die Zivilisten in der Ostukraine mit Nachdruck auf, die von den Separatisten besetzen Gebiete schnell zu verlassen. Beobachter sahen darin die mögliche Vorbereitung einer Bombardierung.
Auch interessant
Ukraine hat angeblich russisches Gebiet beschossen
Wegen zunehmender Gefechte verließen mehrere OSZE-Beobachter den russischen Kontrollposten Gukowo an der Grenze zur Ukraine. Die Lage sei für die Mitarbeiter der Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (OSZE) zu gefährlich geworden, sagte Wassili Malajew vom russischen Grenzschutz. Er warf der ukrainischen Armee vor, erneut das russische Grenzgebiet beschossen zu haben. Dabei sei mindestens ein Wohnhaus schwer beschädigt worden. Russland kritisiert seit Wochen scharf den Beschuss von ukrainischem Territorium aus.
Den Aufständischen zufolge starben seit Beginn der "Anti-Terror-Operation" der Armee Mitte April etwa 1500 Zivilisten. In den Gebieten Lugansk und Donezk seien 60 Prozent der Infrastruktur zerstört, sagte Separatistenführer Andrej Rodkin. In den vergangenen Monaten hatten die Konfliktparteien in der krisengeschüttelten Ex-Sowjetrepublik wiederholt unterschiedliche Opferzahlen genannt. (dpa)