Berlin. Die Bundesregierung hat ein Rüstungsgeschäft der Düsseldorfer Rheinmetall mit Russland gestoppt. Im russischen Mulino wollte Rheinmetall noch in diesem Jahr ein hochmodernes Gefechtsübungszentrum fertigstellen. Das russische Verteidigungsministerium droht nun mit einer Klage.
Vor dem Hintergrund der Ukraine-Krise hat die Bundesregierung ein deutsch-russisches Rüstungsgeschäft endgültig gestoppt. Nach Informationen der "Süddeutschen Zeitung" (Montag) widerrief das Wirtschaftsministerium die von der schwarz-gelben Vorgängerregierung erteilte Genehmigung für den Bau eines Gefechtsübungszentrums (GÜZ) durch die Düsseldorfer Firma Rheinmetall.
Im März hatte Wirtschaftsminister Sigmar Gabriel (SPD) das Geschäft als Reaktion auf die Krim-Krise bereits vorläufig gestoppt. Damals hieß es, die Bundesregierung halte die Ausfuhr "in der gegenwärtigen Lage" für nicht vertretbar.
Zentrum für 30.000 Soldaten
Eigentlich wollte Rheinmetall die hochmoderne Gefechtsübungsanlage noch in diesem Jahr in der Stadt Mulino an die russische Armee übergeben. In solchen Übungszentren können jährlich bis zu 30 000 Soldaten an technisch hochentwickelten Simulationsinstrumenten ausgebildet werden. Das Geschäft, das in diesem Jahr abgewickelt werden sollte, hat nach Ministeriumsangaben eine Größenordnung von 123 Millionen Euro. Eine Sprecherin des Wirtschaftsministeriums sagte, der überwiegende Teil der Anlage sei noch nicht nach Russland ausgeliefert worden. Nähere Angaben machte sie unter Verweis auf das Geschäftsgeheimnis nicht.
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Der Fall hat sowohl für das deutsch-russische Verhältnis als auch für die generelle Debatte über Rüstungsexporte Präzedenzwirkung. Deutschland geht mit dem Widerruf der Ausfuhrgenehmigung noch über die von der Europäischen Union beschlossenen Sanktionen gegen Russland hinaus. Die Strafmaßnahmen der EU, die unter anderem ein Moratorium für Rüstungsgeschäfte vorsehen und seit Ende vergangener Woche in Kraft sind, schließen keine bereits vereinbarten Geschäfte ein.
Russland droht mit Klage
Wegen Vertragsbruchs werde das russische Verteidigungsministerium vor Gericht ziehen, sagte ein namentlich nicht genannter Mitarbeiter der Behörde am Montag der Agentur Interfax zufolge in Moskau. Die gestoppte Lieferung von Rheinmetall hätte etwa zehn Prozent des Zentrums ausgemacht, sagte er.
Die russische Rüstungsbranche sei in der Lage, die fehlenden Teile zu ersetzen. Vizeverteidigungsminister Juri Borissow betonte, die Absage werde den bereits für September geplanten Start des Zentrums in Mulino etwa 350 Kilometer östlich von Moskau nicht verzögern.
Rheinmetall kann Schadenersatz von der Bundesregierung fordern
Doch den Schadenersatz muss nicht unbedingt Rheinmetall zahlen. Der Rüstungskonzern kann nach Angaben des Bundeswirtschaftsministeriums grundsätzlich Schadensersatzforderungen für das jetzt von der Regierung gestoppte Geschäft mit Russland stellen. "Es liegt an dem Unternehmen, das darzulegen", sagte eine Sprecherin des Ministeriums am Montag in Berlin und verwies auf rechtliche Möglichkeiten für Rheinmetall.
Sie betonte: "Wir sind in Gesprächen mit der Firma und bleiben das auch." Eine sogenannte Hermesbürgschaft für die von Rheinmetall geplante Lieferung eines Gefechtsübungszentrum (Güz) an die russische Armee gebe es nicht. (dpa)