Moskau. Für die russische Wirtschaft sind die neuen Sanktionen ein Schlag. Die Moskauer Regierung jedoch sieht für einen Kurswechsel keinen Anlass. Sie zeigt, dass auch sie Mittel und Wege hat, den Westen zu treffen. Zum Beispiel Obst- und Gemüsebauern in Polen.
Nach der Verschärfung der westlichen Sanktionen hat Russland mit negativen Folgen für die EU-Länder gedroht. Der "verantwortungslose Schritt" werde unweigerlich einen Preisanstieg auf dem europäischen Energiemarkt zur Folge haben, teilte das Außenministerium in Moskau am Mittwoch mit. Auch die in Russland tätigen Banken aus der Europäischen Union müssten negative Folgen fürchten. Die Sanktionen seien ein Verstoß gegen die Regeln der Welthandelsorganisation WTO.
Die von den USA verhängten "destruktiven und illegitimen" Sanktionen würden nichts außer einer weiteren Verschlechterung der russisch-amerikanischen Beziehungen bringen, teilte das Außenministerium weiter mit. Das Weiße Haus agiere wie ein "pathetischer Chefankläger". Die "kurzsichtigen und grundlosen" Vorwürfe würden für die USA spürbare Konsequenzen nach sich ziehen.
Polnische Bauern spüren Zorn Moskaus
Die prowestliche ukrainische Führung begrüßte die verschärften Sanktionen gegen Russland hingegen. "Dieser angemessene Schritt wird seine Wirkung zeigen", sagte ein Sprecher von Präsident Petro Poroschenko. Je nach Entwicklung der Krise in der Ostukraine erwarte Kiew weitere harte Strafmaßnahmen gegen Moskau.
Auch interessant
Mit den Wirtschaftssanktionen wird Russland an empfindlichen Stellen getroffen, etwa durch einen erschwerter Zugang zu EU-Finanzmärkten, ein Verbot künftiger Rüstungslieferungen sowie ein Exportverbot für bestimmte Hochtechnologiegüter an das russische Militär.
Russland verfügte am Mittwoch seinerseits einen Importstopp für Obst und Gemüse aus Polen. Die Einfuhr fast aller Sorten an Früchten sei vom 1. August an wegen Verstößen gegen die Lebensmittelsicherheit verboten, teilte die Agraraufsicht mit. Polens Agrarminister Marek Sawicki erklärte, die Bauern seien das "erste Opfer der EU-Wirtschaftsbeschränkungen gegen Russland". Es gebe keine Verstöße gegen Auflagen. Das Verbot sei rein politisch moitiviert. Warschau gilt als wichtiger Partner der Regierung in Kiew - und ist einer der wichtigsten Lieferanten von Obst und Gemüse nach Russland. Es geht um Produkte im Wert von mehreren hundert Millionen Euro.
Finanzsanktionen am schmerzhaftesten
Der Sprecher der deutsch-russischen Außenhandelskammer in Moskau hält die finanzpolitischen Sanktionen für besonders schmerzhaft. Russlands große Staatsbanken finanzierten sich bisher vor allem über den US-amerikanischen oder den europäischen Kapitalmarkt, sagte Jens Böhlmann. Auf deutscher Seite rechnet er mit Auswirkungen auf den Maschinen- und Anlagenbau.
Kämpfe in der Ost-Ukraine halten unvermindert an
In der krisengeschüttelten Ostukraine ist kein Ende der erbitterten Kämpfe zwischen Regierungseinheiten und Separatisten in Sicht. Innerhalb von 24 Stunden seien mindestens 19 Zivilisten im Raum Donezk getötet worden, teilten die örtlichen Behörden mit. Zudem seien bei der Explosion einer Mine zwei Menschen ums Leben gekommen. Mehrere Kinder mussten mit Verwundungen in eine Klinik gebracht werden. Die Armee und die prorussischen Aufständische gaben sich gegenseitig die Schuld an den Opfern.
Demonstrative Spende
Der vom Westen mit Sanktionen belegte tschetschenische Republikchef Ramsan Kadyrow wies demonstrativ humanitäre Hilfe von 7,5 Millionen US-Dollar (5,59 Mio Euro) für das Kriegsgebiet Ostukraine an. Das Geld sei für die medizinische Versorgung der Bevölkerung, teilte Kadyrow mit. Unterstützt würden die von Separatisten beherrschten, selbsternannten "Volksrepubliken Donezk und Lugansk".
Die Absturzstelle des Fluges MH17 in der Ostukraine ist weiterhin für niederländische Experten und internationale Beobachter unerreichbar. Mitarbeiter der Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit (OSZE) mussten am Mittwoch nach Donezk zurückkehren, wie Korrespondenten des niederländischen Fernsehens mitteilten. Die Gruppe sei rund 20 Kilometer hinter Donezk von prorussischen Rebellen wegen der Kämpfe in dem Gebiet am Weiterfahren gehindert worden. (dpa)