Düsseldorf. Regelschule auch für Behinderte und bessere Betreuung für die Kleinsten: Das kommt zum 1. August. Damit investiert NRW jährlich 100 Millionen Euro zusätzlich in die Qualität von Kitas und bis 2018 eine Milliarde Euro in inklusives Lernen an Schulen. Kritik kommt von Kommunen und Lehrerverbänden.
An diesem Freitag wird schrittweise ein Rechtsanspruch für behinderte Schüler auf Unterricht in Regelschulen wirksam. Zunächst gilt er für Schüler der Klassen 1 und 5. Kommunen und Landesregierung hatten monatelang um einen Finanzkompromiss gerungen. Jetzt werde mit der Umsetzung begonnen und bei Bedarf nachgesteuert, bekräftigte NRW-Schulministerin Sylvia Löhrmann (Grüne) auf Anfrage der Nachrichtenagentur dpa in Düsseldorf.
Zum 1. August tritt auch eine Reform des Kinderbildungsgesetzes in Kraft. Damit investiert das Land jährlich 100 Millionen Euro zusätzlich, um die Qualität der Erziehung in den Kitas zu verbessern. Seit einem Jahr haben Ein- und Zweijährige einen Rechtsanspruch auf einen Betreuungsplatz.
Mit der Schulrechtsänderung setzt das Land die Behindertenrechtskonvention der Vereinten Nationen um. Bis 2018 soll für die sogenannte Inklusion an den Schulen insgesamt eine Milliarde Euro aus der Landeskasse ausgegeben. "Das ist gut investiertes Geld für eine Gesellschaft, in der das Miteinander von Menschen mit und ohne Behinderung immer mehr zur Normalität wird", unterstrich Löhrmann. Jeder dritte Schüler mit Bedarf an sonderpädagogischer Förderung lerne in NRW bereits an einer allgemeinen Schule. "An diese Tradition knüpfen wir nun auf gesetzlicher Grundlage an."
Qualitätsoffensive in Kindertagesstätten
Praktisch muss Eltern, die ein behindertes Kind für die 1. oder 5. Klasse anmelden, von den örtlichen Schulbehörden nun immer auch ein Platz in einer allgemeinen Schule angeboten werden. Sie können sich aber auch weiterhin für spezielle Förderschulen entscheiden.
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In den Kommunen, Lehrerverbänden und der Landtagsopposition gibt es nach wie vor viel Kritik. "Es ist unverantwortlich, wie mit dem Thema Inklusion umgegangen wird", kritisiert die Vorsitzende des Elternvereins NRW, Regine Schwarzhoff. Qualität könne nicht gewährleistet werden; zu wenige Lehrer seien entsprechend ausgebildet. "Behinderte, aber auch nicht behinderte Kinder werden Nachteile in der Betreuung und Förderung haben."
Ähnlich sieht das der Verband Lehrer NRW. "Die Schulen starten ohne ausreichende Vorbereitung, Ressourcen und Rahmenbedingungen in ein Projekt, das daher mit vielen Fragezeichen und Risiken behaftet ist", kritisierte die Landesvorsitzende Brigitte Balbach. Die Lehrer würden mit dem Anspruch inklusiven Unterrichts alleingelassen. Auch die kommunalen Spitzenverbände fürchten weiterhin, dass die personellen Ressourcen nicht reichen und die Kosten die Gemeindekassen sprengen werden.
In den Kindertagesstätten soll mit dem neuen Kindergartenjahr eine Qualitätsoffensive beginnen. Alle rund 9000 Einrichtungen sollen mehr Geld erhalten für die Entlastung der Erzieherinnen, Sprachförderung und Unterstützung von Kindern aus bildungsschwachen Familien.
In NRW fehlen noch gut 17.500 Erzieher
Bei den Ein- und Zweijährigen - nur für sie gilt der Rechtsanspruch - gebe es inzwischen für jedes zweite Kind in NRW einen Betreuungsplatz, bilanzierte Landesfamilienministerin Ute Schäfer (SPD). In der Gesamtgruppe aller Kinder unter drei Jahren liegt die Versorgungsquote in NRW bei gut 35 Prozent.
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Der Verband allein erziehender Mütter und Väter beklagt aber noch Engpässe vor allem in Großstädten und bei Plätzen mit nur 25 Wochenstunden. Schäfer versicherte: "Der Ausbau der Kinderbetreuung geht weiter." Seit dem Regierungswechsel 2010 bis zum Ende dieses Jahres belaufe sich die Gesamtsumme, die das Land in zusätzliche Krippenplätze investiert habe, auf rund 900 Millionen Euro.
Laut einer Studie der Bertelsmann Stiftung fehlen in NRW aber noch gut 17.500 Erzieher für eine hochwertige frühkindliche Bildung. Die Parlamentarische Geschäftsführerin der Grünen im Landtag, Sigrid Beer, würde dafür gerne das aus ihrer Sicht fehlinvestierte Betreuungsgeld verwenden. Allein in NRW könnten mit den fast fünf Millionen Euro monatlich 1370 zusätzliche Erzieherstellen geschaffen werden, teilte sie am Donnerstag mit. (dpa)