Berlin. . Ein Jahr nach Einführung des Betreuungsgeldes wird die Kritik an der Familienleistung lauter: Die Zahlungen halten offenbar vor allem Zuwandererfamilien und bildungsferne Eltern davon ab, ihre Kinder in die Kita zu schicken. Das ergab eine Untersuchung durch das Deutsche Jugendinstitut und die Universität Dortmund.

Das Geld sei gerade für jene Familien besonders attraktiv, deren Kinder eigentlich in den Kitas gefördert werden sollten – so würden Bemühungen um Chancengerechtigkeit unterlaufen, warnen die Wissenschaftler. Sie hatten mehr als 120.000 Eltern mit Kindern unter drei Jahren befragt.

Kritiker sehen sich damit bestätigt. SPD-Vize Thorsten Schäfer-Gümbel sagte unserer Redaktion: „Die Studie bestätigt unsere grundsätzlichen Bedenken gegen das Betreuungsgeld.“ Die SPD stehe für eine andere, moderne Familienpolitik. Grünen-Fraktionsvize Katja Dörner forderte die Bundesregierung auf, das Betreuungsgeld so schnell wie möglich wieder abzuschaffen. Die CSU, die die Familienleistung in der schwarz-gelben Vorgängerregierung durchgesetzt hatte, wies die Kritik dagegen zurück und nannte das Betreuungsgeld eine „Erfolgsgeschichte“.

150 Euro monatlich ab August

Mit der umstrittenen Leistung werden Eltern, die ihre Kinder im zweiten und dritten Lebensjahr ausschließlich zu Hause betreuen, vom Staat unterstützt – ab 1. August gibt es 150 Euro monatlich. Doch in ihrer Untersuchung warnen die Wissenschaftler, das Geld sei ein besonderer Anreiz, kein Angebot frühkindlicher Bildung zu nutzen.

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Die Studie nennt Zahlen: Danach nannten von jenen Eltern, die keine Berufsausbildung oder nur einen Hauptschulabschluss haben, 54 Prozent das Betreuungsgeld als Grund dafür, dass sie ihre Kleinkinder nicht in eine Kita schicken. Bei Familien mit mittlerer Reife reduziere sich der Anteil auf 14 Prozent, bei Akademikern gar auf 8 Prozent. Von den Familien mit Migrationshintergrund, die keine Betreuung für ihr Kleinkind wünschten, führten 25 Prozent das Betreuungsgeld als Begründung an. Bei deutschstämmigen Familien lag dieser Anteil nur bei 13 Prozent.

Bis Ende März wurden bereits 210.000 Anträge von Eltern für das Betreuungsgeld bewilligt, inzwischen sind 70.000 weitere Anträge hinzugekommen. Damit würde fast jedes fünfte Kind nicht in die Kita oder zur Tagesmutter gehen.