Berlin. . Der SPD-Politiker Sebastian Edathy muss sich wegen des Besitzes von kinderpornografischen Bildern und Videos verantworten. Die Anklage stützt sich auf neue Vorwürfe. Dem ehemaligen Abgeordneten drohen zwei Jahre Freiheitsstrafe – und zuvor ein peinliches Verfahren.

Als Innenexperte der SPD-Bundestagsfraktion war Sebastian Edathy ein vehementer Befürworter der umstrittenen Vorratsdatenspeicherung. Jetzt wird dem ehemaligen Abgeordneten ausgerechnet die interne Speicherung seiner Verbindungsdaten im Bundestag zum Verhängnis: Die Staatsanwaltschaft Hannover erhob am Donnerstag Anklage gegen Edathy wegen des Besitzes von kinderpornografischen Bildern und Videos.

Die Ermittler werfen ihm vor, im November 2013 entsprechende Dateien auf seinen Bundestags-Laptop heruntergeladen zu haben. Lässt das Landgericht Verden (Niedersachsen) die Anklage zu und wird der 44-Jährige für schuldig befunden, drohen ihm zwei Jahre Freiheitsstrafe – und zuvor ein peinliches Verfahren.

Die Anklage im Detail ist ein überraschender Abschluss der Ermittlungen, die die Staatsanwaltschaft im Februar offiziell aufgenommen hatte. Sie stützt sich auf neue Vorwürfe, nicht auf den ursprünglichen Verdacht. Edathy war eigentlich ins Visier der Justiz geraten, weil sein Name auf der Kundenliste einer kanadischen Firma stand, die auch Kinderpornos verkauft hat.

Auch interessant

Mindestens 31 Videos und Fotosets mit Bildern nackter Kinder hat Edathy zwischen 2005 und 2010 nach Angaben der Staatsanwaltschaft dort gekauft. Edathy bestreitet aber, dass das Material strafbar ist, er machte den Ermittlern in den vergangenen Monaten harte Vorwürfe und versicherte öffentlich, er sei nicht pädophil.

Weiteres Belastungsmaterial

Doch die Fahnder ahnten: Wer sich solche Bilder „im Grenzbereich zur Kinderpornografie“ beschafft, besitzt oft noch anderes, härteres Material. Die Staatsanwaltschaft fühlt sich jetzt in ihrer Entscheidung, umfangreich zu ermitteln, bestätigt. Die Wohnungsdurchsuchung blieb zwar ergebnislos, doch bei der Untersuchung der Sicherungskopie eines verschwundenen Bundestags-Computers von Edathy wurde man fündig: Mit den gespeicherten Verbindungsdaten konnten die Ermittler Aufrufe von eindeutig strafbaren Kinderporno-Seiten im Internet belegen.

Edathy soll an sechs Tagen Anfang November 2013 Bild- und Videodateien heruntergeladen haben; die Fahnder vermuten noch weit mehr solcher Aktionen, doch lassen sich ältere Verbindungen nicht mehr rekonstruieren. Die Ermittler fanden bei Edathy auch einen Bildband und eine CD, deren Inhalt als jugendpornografisch bewertet wird.

Für den seit vier Monaten abgetauchten Edathy wendet sich damit das Blatt. Noch im Frühjahr redete er seine Neigung als bloßes Kunstinteresse schön, sein Anwalt überzog die Justiz mit Beschwerden; demnächst muss sogar das Bundesverfassungsgericht über Edathys Antrag auf einstweilige Verfügung gegen die Ermittlungen entscheiden. Am Donnerstag erklärte sein Anwalt, die Anklageschrift sei „keine tragfähige Grundlage für einen Prozess“.

Auch interessant

Ausschluss aus der SPD

Lässt das Gericht die Anklage zu, rückt für Edathy wohl der Ausschluss aus der SPD näher; das Verfahren ruhte bisher wegen der Ermittlungen. Dem gerade erst eingesetzten Untersuchungsausschuss des Bundestags zu der Affäre droht eine Hängepartie: Edathy galt als Schlüsselfigur der Untersuchungen, ein Gerichtsprozess dürfte seine anfangs signalisierte Auskunftsbereitschaft im Bundestag aber stark einschränken.

Grünen-Ausschussmitglied Irene Mihalic versicherte am Donnerstag indes, für den Ausschuss habe sich nichts geändert – der solle ja die Arbeit der Sicherheitsbehörden untersuchen, nicht die Vorwürfe gegen Edathy. „Er ist ein wichtiger Zeuge. Er kann die Aussage verweigern, aber ich hoffe, er ist weiterhin zu einer Aussage bereit.“ Der lässt das bislang offen. Auf seiner Facebook-Seite signalisiert er aber, dass er sich weiter als Opfer sieht. Dort steht seit Tagen ein Foto, auf dem in großen Worten nur ein Wort zu lesen ist: „Hausschlachtung.“ Es sei ein Fehler, hat Edathy geheimnisvoll gewarnt, ihn zu unterschätzen.