Berlin. Nach langer Vorbereitung startet der Untersuchungsausschuss zur Edathy-Affäre. Die Arbeit dürfte länger dauern als angepeilt, meinen Union und SPD. Die Regierungsparteien halten das Gremium ohnehin für überflüssig.
Fünf Monate nach Bekanntwerden der Kinderporno-Affäre um den früheren SPD-Abgeordneten Sebastian Edathy will der Bundestag die Aufklärung jetzt selbst in die Hand nehmen: Das Parlament setzte am Mittwoch auf Drängen der Opposition einen Untersuchungsausschuss zu dem Fall ein, über den Bundesminister Hans-Peter Friedrich (CSU) stürzte und der beinahe auch SPD-Fraktionschef Thomas Oppermann das Amt gekostet hätte.
Die über allem stehende Frage werde sein, ob Edathy vor Ermittlungen wegen Kinderporno-Verdachts gewarnt worden sei, sagte die Ausschussvorsitzende Eva Högl (SPD) am Mittwoch. Edathy, der sich derzeit im Ausland, vermutlich in Südeuropa, aufhält, sei natürlich auch der wichtigste Zeuge: "Es geht ja um ihn, er muss auch erscheinen", sagte Högl. Der frühere SPD-Politiker hatte im Vorfeld erklärt, er werde gern umfassend vor dem Ausschuss aussagen - er bestreitet aber, von einem Tippgeber vorab über die Ermittlungen gegen ihn informiert worden zu sein.
Ausschuss will gesamte Informationskette noch einmal beleuchten
Viel hängt davon ab, ob die Staatsanwaltschaft Hannover ihr Ermittlungsverfahren gegen Edathy in den nächsten Wochen einstellt oder Anklage wegen Besitzes von Kinderpornografie erhebt; die Entscheidung werde "zügig" fallen, sagte eine Sprecherin auf Anfrage.
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Die polizeiliche Untersuchung ist abgeschlossen, Edathys Anwalt hat am Montag in einer umfangreichen Stellungnahme die Einstellung des Verfahrens verlangt. Im Fall einer Anklage dürfte sich der ehemalige Abgeordnete vor dem Ausschuss auf sein Zeugnisverweigerungsrecht berufen. Doch sollte der Ausschuss erfahren, wer mögliche Tippgeber waren, "wäre das natürlich politischer Sprengstoff, sagte die Grünen-Obfrau Irene Mihalich.
Das Gremium will deshalb auch die gesamte Informationskette noch einmal beleuchten - auch die vertrauliche Weitergabe von BKA-Erkenntnissen durch Innenminister Friedrich an SPD-Chef Sigmar Gabriel. Die beiden Politiker und weitere Spitzenleute vor allem der SPD werden wohl ebenfalls als Zeugen geladen. Untersuchen wollen die acht Ausschussmitglieder - darunter vier ehemalige Poizeibeamte - zum anderen die Rolle des Bundeskriminalamtes, das sich erst mit großer Verzögerung um den Verdacht gegen Edathy kümmerte.
Lehren für eine bessere Bekämpfung von Kinderpornografie
Um das Vorgehen gibt es allerdings schon Streit: Vor allem die Union will auch gezielt die Verfahrensführung der niedersächsischen Justiz- und Polizeibehörden in den Blick nehmen und dafür sogar Landesjustizministerin Anke Niewisch-Lennartz (Grüne) vorladen - das lehnen die Grünen entschieden ab, der Bund sei dafür gar nicht zuständig. Während Grüne und Linke eigentlich nach 6 bis 8 Sitzungen fertig sein wollten, rechnen SPD und Union jetzt mit einer Untersuchungsdauer von etwa einem Jahr. Die Koalition hatte Zweifel an der Notwendigkeit des Gremiums, will jetzt aber konstruktiv mitarbeiten - und die umfängliche Untersuchung dazu nutzen, Lehren für eine bessere Bekämpfung von Kinderpornografie zu ziehen.