Straßburg. Der Luxemburger Jean-Claude Juncker wird neuer Präsident der EU-Kommission. Bei der Wahl im Europaparlament entfielen 422 der 751 Stimmen auf ihn — Buhrufe kamen nur aus den Reihen eurosketpischer Briten. Juncker übernimmt das Amt im November von Manuel Barroso.
Jean-Claude Juncker wird neuer EU-Kommissionspräsident. 422 der 751 Europaparlamentarier stimmten am Dienstag in Straßburg für den früheren Luxemburger Premier, gegen ihn votierten 250 Abgeordnete. Die erforderliche Mehrheit lag bei 376 Stimmen. Der 59-Jährige wird nach einer heftig umstrittenen Nominierung Nachfolger von José Manuel Barroso. Damit hat das Parlament einen wichtigen Sieg im Tauziehen mit den Regierungen um die Ernennung gewonnen.
Die Christdemokraten haben bei der Europawahl mit dem Spitzenkandidaten Juncker gesiegt, also sollte dieser nach Auffassung des Parlaments auch Kommissionspräsident werden. Bisher haben die Regierungen allein über die Ernennung entschieden, die das Parlament anschließend bestätigte.
Europas Wirtschaft muss nach Ansicht Junckers wieder wettbewerbsfähiger werden. "Wir sind zurückgefallen", sagte der konservative Luxemburger am Dienstag im Straßburger Europaparlament. "Europa braucht eine breit aufgestellte Reformagenda", betonte er. Nötig sei ein Neuanfang für die EU.
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Dabei müssten auch Risiken eingegangen werden. Juncker schlug einen Zehn-Punkte-Plan vor, um das Wachstum anzukurbeln und neue Arbeitsplätze zu schaffen. Juncker hob den Kampf gegen die Arbeitslosigkeit hervor und sagte, dass private und öffentliche Investitionen die beste Waffe gegen den Verlust von Arbeitsplätzen seien. Innerhalb der nächsten drei Jahre will Juncker durch klügere Schwerpunkte im EU-Haushalt und Stimulierung von Privatinvestitionen durch die Europäische Investitionsbank (EIB) bis zu 300 Milliarden Euro zusätzlich mobilisieren. Ein entsprechendes anspruchsvolles Investitionsprogramm will er bis zum Februar 2015 vorlegen, wenn er als Kommissionspräsident gewählt wird.
Buhrufe aus den Reihen euroskeptischer Briten
Buhrufe gab es aus den Reihen euroskeptischer Briten, als Juncker sagte, dass der Euro "Europa, seine Wirtschaft, und seine Bürger schützt". Der EU-Gegner Nigel Farage von der britischen UKIP sagte, er werde gegen Juncker stimmen.
Dies sei ein historischer Tag, sagte der Fraktionssprecher der Liberalen Guy Verhofstadt. Erstmals werde der Kommissionspräsident auf der Grundlage des Wahlergebnisses gewählt. Früher habe das Parlament die Entscheidung der EU-Regierungen bestätigt.
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Die Christdemokraten haben mit ihrem Spitzenkandidaten Juncker die EU-Wahl gewonnen. Im Kreis der Regierungen war der Luxemburger umstritten. Ernannt wurde er in einer Kampfabstimmung gegen den entschiedenen Widerstand Großbritanniens.
Kritisch äußerte sich der italienische Sozialdemokrat Gianni Pittella im Namen seiner Fraktion. Ein positives Votum für Juncker sei "kein Blankoscheck". Man werde sehr genau prüfen, ob die neue EU-Kommission ihre Zusicherungen zu sozialen Fragen auch umsetzen werde.
Juncker sprach mit Engagement und Nachdruck, im voll besetzten Plenarsaal wurde seine Rede mehrfach von Beifall unterbrochen. Längere Zeit sprach Juncker auf Deutsch. "Ich drücke mich in der Sprache des Weltmeisters aus", sagte er dazu. (dpa)