Bonn. Erst vor wenigen Wochen hat Sturm Ela in Nordrhein-Westfalen schlimme Verwüstungen angerichtet. Die Experten vom Amt für Bevölkerungsschutz rechnen damit, dass es in den kommenden Jahren zu immer mehr Dauerregen und Sturmfluten kommen wird - doch das Amt muss mit immer weniger Geld arbeiten.
Im vierten Stock des Bundesamtes für Bevölkerungsschutz an der Bonner Provinzialstraße hat man das Horror-Szenario noch immer im Kopf: Ein extrem nasser Monat, dem sich ausgedehnte Dauerregenfälle über Deutschland und den Quellgebieten der Flüsse anschließen und am Ende ein Wolkenstau am Nordrand der Alpen.
So war es 2013. Die unvermeidliche Überflutung der Einzugsbereiche von Donau und Elbe machte anschließend, das ist die Schlussbilanz, den größten Rettungseinsatz der deutschen Geschichte nötig: 82.000 Feuerwehrleute, 16.000 Helfer des technischen Hilfswerks, 9000 weitere Helfer von Organisationen wie DRK und DLRG und am Ende 20.000 Bundeswehrsoldaten dämmten die Flut.
Katastrophenschutz durch Smartphone-App
Die Experten des Amtes, die in Bonn ihr zentrales Warn- und Lagezentrum betreiben, rechnen damit, dass die Natur in Zukunft noch öfter ähnlich brutal zuschlägt. Im nächsten Jahr wird an der Nordsee bei der Übung „Lükex“ der Einsatz gegen eine vernichtende Sturmflut geprobt, auch Dänen und Holländer sind eingeladen. Und in ihrem Hauptquartier haben sie einen Drei-Schicht-Betrieb eingeführt, dessen Besatzung alle möglichen Bedrohungen für das Territorium der Bundesrepublik beobachtet. Vor allem aber haben sie MoWas entwickelt.
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Das „Modulare Warnsystem“ ersetzt die längst abgeknipste heulende Sirene aus den Zeiten des Kalten Krieges, die ja lautstark auch vor Katastrophen warnte. MoWas kombiniert verschiedene Warnsysteme, mobilisiert TV- und Radiostationen und übermittelt Weckrufe oder Hinweise wie „Fenster schließen“ auf elektronischem Weg. Ab Herbst auch über eine App direkt auf Smartphone und Tabletcomputer.
Hilfe durch Soziale Netzwerke
Dass dies anläuft, ist die eine gute Nachricht. Eine weitere gute ist, dass schon die Folgen der Flut 2013 im Vergleich zur Elbeflut 2002 wesentlich besser gemanagt wurden. Amtschef Christoph Unger führt das unter anderem auf eine verbesserte und web-basierte Kommunikation zurück, die dann zum Beispiel eine schnelle Beschaffung von fünf Millionen Sandsäcken möglich machte.
Erstmals brachten sich auch die Sozialen Netzwerke ein, die so organisationsfreie Helfer heranbrachten, was Unger und sein Kollege Albrecht Broemme, der Präsident des Technischen Hilfswerks (THW) ist, hoch einschätzen. Die Zahl der Freiwilligen Helfer stieg deshalb, genau so wie die der Kuchenspenden, für die Flutkämpfer.
Unwetter bringt THW neue Mitglieder
Dem THW, der 2013 seine Einsatzzeit gegenüber dem Vorjahr immerhin verfünffachte, brachte das Wetter-Ereignis zudem einen ungewöhnlichen Mitgliederzuwachs: 700 Kräfte kamen dazu, 300 Jugendliche alleine für die THW-Jugend. Das ist bei der kritischen demografischen Situation in Deutschland, aufgrund der die Zahl der notwendigen Freiwilligen für die Feuerwehren an vielen Orten sinkt, ein Lottogewinn.
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Doch ist der Katastrophenschutz in Deutschland finanziell ausreichend ausgestattet? Tatsächlich kommuniziert die Bundesregierung gerne die zehn Millionen Euro mehr, die das Technische Hilfswerk 2014 erhalten soll. Bundesinnenminister Thomas de Maiziere (CDU) wies bei der Vorlage des Jahresberichts des Zivilschutzes in Bonn stolz darauf hin. Bei genauerem Hingucken aber könnte sich das als Mogelpackung entpuppen.
Weniger Geld für Bevölkerungsschutz
Denn beim entscheidenden Bundesamt für Bevölkerungsschutz, das für die Vorbeugung zuständig ist, wird seit Jahren der Etat gekürzt – zuletzt 2013 von 102,7 auf 99,7 Millionen Euro. Und schmerzlicher wirkt noch der Personalabbau. Unger muss auf 240 Stellen runter. 2004 waren es noch 320.
In der Folge fehlt es dann hier und da an Mitteln für Warnbroschüren, die in den flutanfälligen Regionen verteilt werden sollen, wie Anwohner berichten. Dabei weiß auch der Innenminister: „Ein Händedruck reicht nicht mehr aus“.