Berlin. . Lange hat sie sich bedeckt gehalten - doch diese Woche wird Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen beim Drohnen-Thema Farbe bekennen müssen: ächten oder anschaffen? Einkaufen oder selbst entwickeln? Und vor allem: mit Waffen ausstatten oder nicht? Der Stand der Debatte im Überblick.
Ursula von der Leyen hat lange gewartet. Sie überließ dem Parlament den Vortritt. Nach der gestrigen Expertenanhörung im Bundestag über Militärdrohnen will sich die Verteidigungsministerin nun positionieren. Die Christdemokratin wird in dieser Woche Stellung beziehen und vermutlich für Drohnen plädieren. Es wird indes noch Monate dauern, bis die Große Koalition endgültig darüber befindet. So war die Anhörung nur der Startschuss für eine Debatte, die (wieder) eröffnet ist. Es geht darum, ob unbemannte Flugzeuge – mit oder ohne Waffen – militärisch sinnvoll, rechtlich und ethisch zulässig sind oder geächtet werden sollten. Die wichtigsten Fragen und Antworten im Überblick.
Ist von der Leyen zu defensiv?
Es ist schlicht so, dass Union und SPD in ihrem Koalitionsvertrag vereinbart haben, alle Fragen sorgfältig zu prüfen. Daran hält sich von der Leyen. Ein Minister, der sich früh festlegt, lenkt die Debatte in eine bestimmte Richtung. Über Drohnen wird seit Langem heftig gestritten. Von der Leyen war gut beraten, die Debatte zu respektieren, zumal nach dem Fiasko ihres Amtsvorgängers Thomas de Maizière (CDU) mit dem Euro-Hawk, der als Millionengrab gilt.
Warum ist das Thema heikel?
Die Bundeswehr verfügt schon zur Aufklärung über Drohnen. Heikel sind bewaffnete Systeme. Es wäre eine neue Distanzwaffe. Das löst Unbehagen aus. Die Sorge ist groß, dass dann in einer nicht mehr allzu fernen Zukunft automatisch und computergesteuert (Roboter-)Kriege geführt werden; und dass Soldaten, die nicht länger ihr Leben aufs Spiel setzen – sie sitzen weit weg vom Gefecht am Computer – größere Risiken eingehen.
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Hinzu kommt, dass die USA Drohnen für Killerkommandos einsetzen, um völkerrechtswidrig Jagd auf Terroristen zu machen. Sie nennen es „extralegale“ Tötungen.
Warum wollen die Militärs Drohnen?
Sie sind der „bestmögliche Schutz“ für Soldaten im Einsatz. Es bedürfe schon guter Argumente, um keine Drohnen anzuschaffen, meinte der Wehrbeauftragte Hellmut Königshaus. So ähnlich äußerten sich mehrere Experten, vorneweg der Befehlshaber beim Einsatzführungskommando der Bundeswehr, Generalleutnant Hans-Werner Fritz. Er machte es an einem Beispiel vom Juli 2010 in Afghanistan deutlich. Soldaten gerieten plötzlich unter Beschuss und forderten Artillerie an. Bis es so weit war, vergingen 16 Minuten. In der Zwischenzeit kann sich die Lage wieder verändert haben. Wäre eine Drohne im Einsatz gewesen, hätte sie Bilder in Echtzeit geliefert; wäre sie bewaffnet gewesen, hätte sie sogleich Feuerschutz geben können.
Kritiker wie Marcel Dickow von der Stiftung Wissenschaft und Politik haben aber empfohlen, Drohnen „grundsätzlich nicht zu bewaffnen“. Das ist auch Haltung der SPD.
Geht es auch um den Euro-Hawk?
Nicht direkt. Es geht um die „Male-Klasse“, um Drohnen mittlerer Flughöhe. Der Euro-Hawk, dessen Scheitern vor einem Jahr Schlagzeilen machte, operiert buchstäblich in höheren Sphären.
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Die Bundeswehr verfügt bisher über die Heron-Drohne israelischer Produktion, die der Aufklärung dient. Die Große Koalition will die europäische Entwicklung von unbemannten Flugzeugen vorantreiben. Da spielt auch Industriepolitik eine Rolle.
Warum drückt die Bundeswehr aufs Tempo?
Eine Eigenentwicklung dauert viele Jahre. Die Bundeswehr braucht eine Übergangslösung. Da kämen der amerikanische Predator oder die Heron TP infrage. Beide können, auch nachträglich, bewaffnet werden.
Welche Entscheidung steht nun konkret an?
Verteidigungsministerin von der Leyen muss kurzfristig mehrere Entscheidungen treffen: Will sie Drohnen anschaffen? Sollen sie bewaffnet werden? Und was wird aus dem Euro-Hawk, der schon Hunderte von Millionen Euro gekostet hat, aber keine Verkehrslizenz hat? Zumindest seine Aufklärungstechnik soll fast fertig entwickelt sein, ein Exemplar der Drohne befindet sich in Bayern. Gut möglich, dass man den Euro-Hawk zu Ende entwickelt.
Die letzte Entscheidung trifft das Parlament, das die Mittel freigeben müsste. Von der Leyen war sich nicht zu schade, gestern persönlich neben den Parlamentariern (sie selbst ist auch Bundestagsabgeordnete) der Anhörung der Experten im Bundestag zu folgen.