Berlin. . Frankreich und Italien wollen die Stabilitätspolitik aufweichen. Sie fürchten, der strikte Kurs könne Wachstum und Arbeitsmarkt abwürgen. Während SPD-Chef Sigmar Gabriel durchaus Sympathien für eine Lockerung der geltenen Regeln hegt, will die CDU keinen Millimeter davon abweichen.
Eine EU-Staatengruppe will die Stabilitätspolitik aufweichen, allen voran: Frankreich und Italien. SPD-Chef Sigmar Gabriel hat Sympathie dafür, auch aus sozialdemokratischer Verbundenheit. Kanzlerin Angela Merkel (CDU) ist strikt gegen neue Regeln. Die Union befürchtet eine Mauschelei mit den Krisenländern. Um eine Zerreißprobe kommt die Große Koalition aber herum. Vor der regulären Kabinettssitzung hat die Kanzlerin ihren Partner in einem Gespräch eingefangen. „Wir sind uns einig: Es gibt keine Notwendigkeit, den Stabilitätspakt zu verändern“, so Merkel. Eine Sprachregelung, die dem Vize-Kanzler nicht schwerfallen dürfte. Vom Stabilitätspakt will er nach eigenen Angaben nicht weg.
Die Südländer müssen sparen und ihre Volkswirtschaften reformieren. Gleichzeitig laufen sie Gefahr, das Wachstum und ihren Arbeitsmarkt abzuwürgen. Sie stellen sich vor, dass bestimmte - kreditfinanzierte - Investitionen in Beschäftigung nicht auf das Budgetdefizit angerechnet werden. Derzeit ist ein Etatdefizit von höchstens drei Prozent der Wirtschaftsleistung erlaubt.
Defizite nur über Wachstum und Beschäftigung abbauen
Sie wollen nach ihrer Lesart den Stabilitätspakt nicht kündigen, sondern neu interpretieren. Dahinter steckt die Idee, höhere Defizite zu erlauben, aber an Reformen zu knüpfen. Mehr Zeit für den Schuldenabbau - gegen Reformen.
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Gabriel fühlte sich an die rot-grüne Regierungszeit und an die Agenda 2010 erinnert. „Auch wir haben damals Zeit gebraucht, um die Staatsschulden zu senken.“ Aus seiner Sicht geht es darum, Zeit und Flexibilität zu gewinnen. Man werde Defizite nur dann abbauen können, „wenn wir wieder zu Wachstum und Beschäftigung kommen“, hatte er am Montag in Toulouse gesagt. Merkel würde ihm nicht widersprechen. Sie findet nur, dass der Stabilitätspakt die Flexibilität schon zulässt. „Das ist unsere gemeinsame Überzeugung“, beteuerte sie am Mittwoch in Berlin.
Union ist irritiert über SPD-Chef Gabriel
Der Sparkurs ist ihr Markenzeichen, und der Vertrag wie eine rote Linie, inzwischen noch mehr für ihre Partei als für Merkel selbst. Jedenfalls war die Union höchst irritiert über Gabriel. Er sende „ein fatales Signal“. Die Verschuldungspolitik habe Europa „an den Rand des Abgrunds geführt“, warnte EVP-Fraktionschef Manfred Weber (CSU). Ähnlich alarmiert haben sich CDU-Politiker wie Norbert Barthle und Michael Fuchs geäußert.
Der Verdacht war, dass Gabriel mit den anderen Sozialdemokraten in Europa mauschelt und sich auf die Seite der Krisenländer geschlagen habe; und dass es in Wahrheit um einen weiteren Aufschub und eine Verwässerung der Defizitkriterien gehe. Da war Merkel klar, dass sie ihren Vize-Kanzler einfangen sollte.