Warschau/Berlin/Brüssel. Der US-Präsident rückt auf seiner Europareise keinen Millimeter davon ab, dass Russland eine Grenze aufgezeigt werden muss. Barack Obama warnt den Kreml davor, einen Nato-Staat militärisch zu bedrohen.

Die USA warnen Russland unmissverständlich vor einer militärischen Bedrohung eines Nato-Staates in Ost- und Mitteleuropa. US-Präsident Barack Obama beschwor am Mittwoch in Warschau die vertraglich geregelten Bündnispflichten der Nato: "Artikel 5 ist eindeutig -ein Angriff gegen einen ist ein Angriff gegen alle." Er fügte hinzu: "Als Alliierte haben wir die ernste Pflicht - eine bindende Vertragsverpflichtung - unsere territoriale Integrität zu verteidigen."

Obama hatte am Vortag schon angekündigt, eine Milliarde Dollar (etwa 735 Millionen Euro) mobilisieren zu wollen, um befristet zusätzliche US-Truppen im einst kommunistischen Machtbereich Moskaus zu stationieren.

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Aus Russland kam eine brüske Antwort. "Diese Verstärkung destabilisiert die Lage", sagte der Leiter der Kreml-Verwaltung, Sergej Iwanow, der Agentur Interfax zufolge in Nowosibirsk. Die Nato missbrauche die Ukraine-Krise offensichtlich, um näher an die russische Grenze heranzurücken. "Meint jemand im Ernst, dass Russland eine Aggression vorbereitet?", fragte der frühere Verteidigungsminister.

Vor dem G7-Gipfel am Abend in Brüssel verurteilte Obama die Annexion der Krim durch Russland als unannehmbar. "Wir werden diese Annexion niemals akzeptieren", sagte er zum Gedenken an die ersten teilweise freien Wahlen in Polen am 4. Juni 1989. Das Votum wurde zu einem Triumph für die polnische Bürgerrechtsbewegung und die Gewerkschaft Solidarnosc.

Die Nato als unzerstörbare Allianz

Freiheit sei ein kostbares Gut, für das die Länder Ost- und Mitteleuropas einen hohen Preis hätten zahlen müssen. "Polen und auch Litauen und Rumänien werden niemals alleine stehen", sagte der Präsident. Vielmehr stünden an ihrer Seite mit den USA die stärkste Militärmacht der Welt und mit der Nato eine unzerstörbare Allianz.

"Das sind nicht nur Worte, das sind unverbrüchliche Verpflichtungen", rief Obama. Die Stärke der Nato richte sich aber nicht als Bedrohung gegen ein anderes Land.

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Auch Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) stellte vor dem Treffen der führenden westlichen Industriestaaten (G7) in einer Regierungserklärung klar, dass die russische Führung um Präsident Wladimir Putin endlich ihren Einfluss in der Ostukraine geltend machen müsse, um Gewalt und Einschüchterung durch prorussische Separatisten Einhalt zu gebieten.

Gemeinsame Linie für den Umgang mit Russland

Beim zweitägigen G7-Gipfel wollten die Staats- und Regierungschef eine gemeinsame Linie für den weiteren Umgang mit Russland festlegen und sich auf Hilfsmaßnahmen für die nahezu bankrotte Ukraine verständigen.

Merkel sagte im Bundestag in Berlin, es gehe in Brüssel um einen Dialog mit Russland, um eine diplomatische Lösung zu finden. Sollten aber Destabilisierung und Einschüchterung in der Ukraine nicht aufhören, sei der Westen zu weiteren Sanktionen gegen Russland bereit.

Die Kanzlerin rechtfertigte den Ausschluss Russlands aus dem G8-Kreis. Erstmals seit 16 Jahren kommen die G7 ohne Russland zusammen. Merkel sagte: "Die G8 sind eben nicht nur eine ökonomische Gemeinschaft, sondern sie sind auch eine Gemeinschaft, die Werte teilt."

G7-Gipfel erstmals von der EU ausgerichtet

Der G7-Gipfel wurde erstmals von der Europäischen Union ausgerichtet. Wegen der Annexion der Krim hatten die Staats- und Regierungschefs Putin aus ihrem Kreis ausgeschlossen und ein ursprünglich im russischen Sotschi geplantes G8-Treffen abgesagt.

Russland werde sich nun auf das größere G20-Format konzentrieren, zu dem aufstrebende Nationen wie China, Indien und Südafrika gehören, sagte Kremlsprecher Dmitri Peskow einem Radiosender. Eine Rückkehr in den Kreis der G8 stehe derzeit nicht zur Debatte,

Mit Blick auf die politischen Verhältnisse in der Ukraine sagte Obama: "Jedes Volk und jedes Land hat das Recht, seine Zukunft selber zu bestimmen." Offensichtlich an die Adresse Moskaus gerichtet fügte er hinzu: "Die Zeiten von Imperien und Einflusssphären sind vorbei."

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Der US-Präsident nutzte die Feierlichkeiten, den neu gewählten ukrainischen Präsidenten Petro Poroschenko zu treffen. Obama sicherte ihm umfangreiche Hilfe bei der Modernisierung des Landes zu. "Die USA stehen nicht nur in den kommenden Tagen und Wochen hinter dem ukrainische Volk, sondern in den kommenden Jahren", sagte er.

Gipfel diskutiert über Ukraine, Handel, Energie

Zur Gipfelrunde gehören neben Merkel und Obama die Staats- und Regierungschefs von Frankreich, Großbritannien, Italien, Kanada und Japan. Gastgeber sind EU-Ratspräsident Herman Van Rompuy und EU-Kommissionschef José Manuel Barroso.

Neben der Ukraine-Krise geht es beim Gipfel auch um die Lage der Weltwirtschaft, Handelsfragen, Energiesicherheit und Entwicklungshilfe.

Hilfsorganisationen warnten vor einer Vernachlässigung von Themen wie Armut und Hunger. Die Staats- und Regierungschefs sollten sich daran erinnern, dass extreme Armut direkt zu Konflikten und Instabilität beitrage, sagte ein Sprecher der Organisation One. (dpa)