Brüssel. Die Staats- und Regierungschefs der sieben führenden westlichen Industrienationen kommen am Mittwoch zum G7-Gipfel in Brüssel zusammen. Die zweitägigen Beratungen werden von der Ukraine-Krise beherrscht.
Einerseits geht es um das künftige Verhältnis zu Russland, das mit der Krim-Annexion Völkerrecht gebrochen hat. Andererseits will die Gipfelrunde der fast bankrotten Ukraine und ihrem neu gewählten Präsidenten Petro Poroschenko demonstrativ den Rücken stärken.
Das bis Donnerstag dauernde Treffen wird zum ersten Mal von der Europäischen Union ausgerichtet. Infolge der Krise um die Krim und die Ukraine hatten die Staats- und Regierungschefs den russischen Präsidenten Wladimir Putin aus ihrem Kreis ausgeschlossen und ein ursprünglich im russischen Sotschi geplantes G8-Treffen abgesagt.
Auf dem Gipfel könnten auch der Atomkonflikt mit dem Iran und der Bürgerkrieg in Syrien zur Sprache kommen, außerdem die Lage der Weltwirtschaft sowie die Themen Welthandel, Energiesicherheit und Klimawandel.
Zur Gipfelrunde gehören neben Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) die Staats- und Regierungschefs von Frankreich, Großbritannien, Italien, Kanada, den USA und Japan. Gastgeber sind EU-Ratspräsident Herman Van Rompuy und EU-Kommissionschef José Manuel Barroso.
Merkel will am Mittwoch in einer Regierungserklärung (13.00 Uhr) im Bundestag ihren Kurs für den G7-Gipfel abstecken. Unmittelbar vor ihrer Reise wird erwartet, dass sie erneut an Moskaus Verantwortung für die Lage in der Ukraine appelliert.
Während die USA nach Russlands Annexion der Krim zur Politik der militärischen Abschreckung in Osteuropa zurückkehren, kommen von den EU-Gastgeber diplomatische Töne.
Wie EU-Diplomaten sagten, will die Gipfelrunde ein Signal an Moskau senden, weiter bereit zur Entspannung zu sein, so die russische Führung den Forderungen der Europäer nachkomme.
"Wir rufen Russland auf, den neuen ukrainischen Präsidenten anzuerkennen, direkte Verhandlungen mit der Ukraine zu beginnen und die Destabilisierung von Regionen in der Ost-Ukraine zu beenden", sagte ein Diplomat. Dennoch bleibe die Option auf dem Tisch, Strafmaßnahmen der EU und der G7 zu verschärfen.
US-Präsident Barack Obama hatte zuvor in Warschau angekündigt, eine Milliarde Dollar (etwa 735 Millionen Euro) mobilisieren zu wollen, um befristet zusätzliche US-Truppen im einst kommunistischen Machtbereich Moskaus zu stationieren. Zu Beginn seiner Europareise stellte Obama klar: "Die Sicherheit unserer Bündnispartner ist die Grundlage unserer eigenen Sicherheit."
Der US-Präsident will am Mittwoch in Warschau den neuen ukrainischen Präsidenten Petro Poroschenko treffen, um sich von ihm eine Einschätzung der Lage geben zu lassen. Der milliardenschwere Schokoladenfabrikant Poroschenko muss im Osten der Ukraine weiter mit prorussischen Separatisten fertig werden. Es gibt weiter Gefechte zwischen Regierungstruppen und Separatisten mit schweren Verlusten.
Auch die Nato-Verteidigungsminister beschäftigen sich am Mittwoch in Brüssel weiter mit der Frage, welche Optionen das Bündnis hat, russisches Expansionsstreben wirksam abzuschrecken. Sie bereiten Entscheidungen über neue Verteidigungspläne und Stationierungen für den Gipfel der 28 Nato-Verbündeten Anfang September in Newport (Wales) vor.