Berlin. . Die CDU hofft, dass sich die AfD von selbst erledigt. Für den Fall, dass das nicht geschieht, ist die Partei uneinig über die Frage, wie man mit der AfD umgehen soll. CDU-Abgeordneter Wolfgang Bosbach will die Partei nicht in die rechte Ecke rücken und Teile der CDU in Hessen können sich sogar eine Kooperation vorstelllen.

Es war ein einsamer Beschluss. So viel ist jetzt klar. Die CDU will nicht mit der AfD zusammenarbeiten und Volker Kauder „mit denen“ auch nicht in einer Talkshow sitzen. Aber beide Boykotts, der politische der CDU und der persönliche ihres Fraktionschefs im Bundestag, sind umstritten. Ein kleiner Teil der CDU hält die AfD für eine Option, ein größerer Teil wird zumindest Kauders Kontaktsperre nicht folgen.

Die bisherige Methode - ignorieren - war bei der EU-Wahl wenig erfolgreich. „Schweigen ist keine Antwort“, weiß Mike Mohring, Fraktionschef der CDU im Erfurter Landtag. In Thüringen steht wie in Sachsen und Brandenburg eine Wahl an, die zusätzliche Beachtung findet, weil ihr Ausgang Aufschluss darüber geben wird, ob die AfD sich etabliert.

CDU hofft, dass die AfD sich selbst erledigt

In fast jedem Gespräch mit CDU-Politikern über die neue Konkurrenz fällt früher oder später das Wort von der „Piratenpartei“. Die hat ein paar Wahlen gewonnen, aber danach war die Luft raus. Die CDU hofft, dass die AfD ihr den gleichen Gefallen tut und sich selbst erledigt. Der Vergleich ist interessant, weil man die Piraten mit der Netzpolitik, die AfD nur mit der Euro-Skepsis in Verbindung bringt. Man weiß in beiden Fällen nicht so genau, wofür sie sonst so stehen.

Der Abgeordnete Wolfgang Bosbach kennt viele AfD-Aktivisten in seinem Wahlkreis und hält sie keineswegs für nationalistische Dumpfbacken. Der Chef der AfD, Bernd Lucke, war 33 Jahre bei der CDU. Einer seiner Stellvertreter, Alexander Gauland, führte die hessische Staatskanzlei unter CDU-Ministerpräsident Walter Wallmann. Es ist wohl kein Zufall, dass bekannte AfD-Versteher wie Erika Steinbach oder Klaus-Peter Willsch aus Hessen kommen. Den Thüringer Mohring erinnern die AfD-Plakate an die Slogans der Rechten. Dieselbe Beobachtung machte auch Kauder. In der „Welt“ machte er es an einem Beispiel deutlich. Die NPD sagt, „wir sind nicht das Sozialamt der Welt“. Die AfD plakatiert: „Wir sind nicht das Weltsozialamt“. Aus Bayern hört man ähnliche Klagen.

CDU-General Tauber: AfD "fischt am rechtsextremen Rand"

Für CDU-Generalsekretär Peter Tauber, wiederum ein Hesse, steht fest, dass die AfD „keine normale bürgerliche Kraft“ sei. Sie fische „sowohl mit ihrer Wortwahl als auch ihren Inhalten am rechtsextremen Rand“, gegen die Westbindung und den Euro. Wer mit ihr gemeinsame Sache mache, trete das politische Erbe Konrad Adenauers und Helmut Kohls „mit den Füßen“, so Tauber.

Das ist der Geist, in dem das CDU-Präsidium gleich am Tag nach der Europawahl eine Zusammenarbeit ausschloss und allen Landes-, Kreis- und Ortsverbänden empfahl, es genauso zu halten. Dazu hatte es weder eine Debatte in der Partei noch eine Abstimmung im Vorstand gegeben. Die Ausgrenzung wurde von oben verordnet, und erst jetzt beginnt zaghaft eine Diskussion, die an Fahrt gewinnen wird, falls die AfD bei allen drei ostdeutschen Wahlen in diesem Jahr erfolgreich sein sollte. Dann drohen CDU-Chefin Angela Merkel heiße Debatten auf dem Parteitag im November in Köln.

Mehr als 500.000 Stimmen gingen von der Union an die AfD

Dass der AfD-Erfolg etwas mit der CDU zu tun hat, kann Merkel nicht ernsthaft leugnen. Bei der Europa-Wahl gingen über eine halbe Million Stimmen vom Unionslager an die AfD über. Merkel hat sich nie groß um die konservative Stammklientel der CDU gekümmert. Ihr wird nachgesagt, dass die Partei ihrer Amtszeit immer sozialdemokratischer wurde. Bei der Suche nach neuen Wählerschichten müsse man aufpassen, „darüber nicht die Stammwähler zu verlieren“, meint Bosbach.

Belege dafür lassen sich leicht finden. Da wären etwa die Bundestagswahlen 2005 und 2009, bei denen die Union jeweils eine Million Stimmen verloren hat. Aber im September 2013 lieferte Merkel den Gegenbeweis. Da gewann die Union zwei Millionen Wähler hinzu. Merkel überzeugte nicht zuletzt mit ihrem knallharten Euro-Kurs: Gegen eine Vergemeinschaftung der Schulden, für solide Finanzen. Sie hat der AfD Wind aus den Segeln genommen.

Wenn das nicht dauerhaft gelingt, wird die CDU ihr Verhältnis zur AfD neu klären müssen. Wie flexibel sie sein kann, beweist die „Absage“ des sächsischen Ministerpräsidenten Stanislaw Tillich. Er habe kein Interesse mit einer Partei zusammenzuarbeiten, „von der ich nicht weiß, wo sie programmatisch steht.“ Das schließt die Möglichkeit ein, eines Tages schlauer zu werden.