Madrid. . Erst vor Monaten gründeten junge Spanier die Partei Podemos („Wir können“). Aus dem Stand kam das Sprachrohr der Protestbewegung auf fünf Mandate im EU-Parlament. Parteichef Iglesias will jetzt mit anderen Protestparteien “Europa sagen, dass wir keine Kolonie Deutschlands oder der Troika sein wollen“.

Ein junger und redegewandter Politologe mit Pferdeschwanz schockt Spaniens große Parteien: Der Polit-Rebell Pablo Iglesias (35) mischte in der Europawahl mit ­seiner linken Protestbewegung „Podemos“ die Parteienlandschaft auf. Er sagt der Korruption, der „Macht der Banken“ und der „wachsenden sozialen Ungerechtigkeit“ in Spanien wie in Europa den Kampf an.

Der neue Held der frustrierten jungen Generation, in der jeder Zweite keinen Job hat, prophezeit, dies sei „erst der Anfang“ des Aufstandes. Es werde ein Sturm gegen jene „politische Kaste“ folgen, die Spanien und die EU im Griff habe: „Von jetzt an werden wir für eine neue Mehrheit arbeiten“ und für „mehr Demokratie“. Sowie dafür, dass sich Südeuropa „nicht in eine Kolonie Deutschlands und der ­Troika“ verwandele.

Auf Anhieb acht Prozent geholt

Der Name „Podemos“ ist eine Ableitung des Wahl-Slogans „Yes we can“ von US-Präsident Barack Obama, und er lässt sich übersetzen mit „Wir schaffen es“. Pablo Iglesias und seine „Empörten“, die bisher vor allem mit Massenprotesten Schlagzeilen machten, haben für Spaniens große Wahl-Überraschung gesorgt. Beim EU-Urnengang holte die Bewegung auf Anhieb acht Prozent. Das reicht für fünf Abgeordneten-Sitze im Europa-Parlament.

Auch interessant

Mit seinem ersten Antrag im EU-Parlament will Iglesias eine Kürzung der Abgeordnetenbezüge fordern – das Bruttogrundgehalt liegt derzeit bei rund 8000 Euro. Iglesias und ­seine vier Podemos-Kollegen wollen sich mit 1900 Euro begnügen. Das ist immer noch mehr als Iglesias bisher als Politik-Teilzeit-Dozent an der Uni Madrid verdiente, wo er 950 Euro monatlich bekam.

Und er will im gleichen Vorstoß der Vetternwirtschaft in Brüssel die Flügel stutzen: Zur Korruptionsvorbeugung müsse die Mandatszeit im Parlament auf zehn Jahre begrenzt und der „Drehtüreffekt“, der übliche Wechsel von Politikern in die Privatwirtschaft, strenger geregelt werden.

Betrug und Bestechung

Solche Töne kommen gut an in ­Spanien, wo gleich nach Wirtschaftskrise und Massenarbeits­losigkeit die Korruption zur größten Sorge der Bürger zählt. Und wo regierende Konservative wie oppositionelle Sozialisten durch millionenschwere Betrugs- und Bestechungsaffären viel Vertrauen verloren.

Die Erfolgsstory von Podemos begann vor drei Jahren. Als die Massenproteste der „Empörten“ gegen die Auswirkungen der tiefen Schuldenkrise im Königreich, die wachsende Armut, brutale Kürzungen und Auswüchse der Spekulation durch die TV-Nachrichten in aller Welt gingen.