Spanien. . Mehr als 1000 Polizisten waren im Einsatz, als 6000 Demonstranten zum Madrider Parlamentsgebäude marschierten, um eine Kundgebung abzuhalten. Am Abend kam es zu Ausschreitungen. Mehr als 60 Menschen wurden verletzt.

Die spanische Regierung hat die Folgen der Finanzkrise am Dienstag gleich an mehreren Fronten zu spüren bekommen: Bei Protesten gegen ihren rigiden Sparkurs kam es am Abend zu Zusammenstößen zwischen der Polizei und Demonstranten. Mehr als 1.000 Beamte hatten das Parlamentsgebäude in Madrid bereits vor der Kundgebung abgeriegelt und gingen mit Schlagstöcken gegen Demonstranten an der Spitze des Marsches vor. Derweil rief der Präsident der autonomen spanischen Region Katalonien für den 25. November Neuwahlen aus, nachdem Madrid vergangene Woche besondere finanzielle Befugnisse für Katalonien abgelehnt hatte. Unterdessen stiegen die Renditen auf spanische Anleihen.

Ein geplanter Marsch von geschätzten 6.000 Teilnehmern zum Madrider Parlamentsgebäude mündete am Abend in teils gewaltsamen Auseinandersetzungen. Einige Demonstranten rissen Barrikaden nieder und warfen mit Flaschen und Steinen auf die Beamten. Nach Angaben des öffentlich-rechtlichen Fernsehens wurden mindestens 60 Menschen verletzt, darunter zwei Polizisten. 22 Personen seien festgenommen worden, hieß es.

Unter dem Motto „Occupy Congress“ (Besetzt das Parlament) forderten die Demonstranten ein Ende der harten Sparmaßnahmen, mit denen die konservative Regierung unter Ministerpräsident Mariano Rajoy seit neun Monaten versucht, das Haushaltsdefizit unter Kontrolle zu bringen und das Vertrauen der Anleger in das Land wieder herzustellen. „Die einzige Lösung ist, dass wir jeden im Parlament auf die Straße setzen, damit sie wissen, wie es sich anfühlt“, sagte eine der Demonstrantinnen, Maria Pilar López.

Zweite Rezession in drei Jahren

Die Demonstranten hatten im Vorfeld angekündigt, das Parlamentsgebäude nicht erstürmen zu wollen, sondern lediglich um das Gebäude herum zu marschieren. Absperrgitter und die 1.300 Polizisten rund um das Gebäude versperrten ihnen aber am Dienstagabend den Weg. Die aufgebrachte Menge besetzte daraufhin einen nahe gelegenen Platz und skandierte „Raus mit euch“, „Ihr vertretet uns nicht“ in Richtung Parlament. Die Organisatoren der Protestaktion erklärten, die Sparmaßnahmen zeigten, dass die regierende Volkspartei den Menschen im vergangenen Jahr falsche Versprechungen gemacht habe, um gewählt zu werden. Auch in Barcelona und Sevilla kam es zu kleineren Demonstrationen mit mehreren hundert Teilnehmern.

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Spanien kämpft derzeit gegen die zweite Rezession in drei Jahren und eine Arbeitslosenquote von knapp 25 Prozent. Die Regierung in Madrid hat eine Reihe von Sparmaßnahmen und wirtschaftliche Reformen eingeführt, um das Haushaltsdefizit in diesem Jahr auf 6,3 Prozent und 2013 auf 4,5 Prozent des Bruttoinlandsprodukts (BIP) zu drücken. Im August habe das Defizit bei 50,1 Milliarden Euro oder 4,77 Prozent des BIP gelegen, teilte die Regierung am Dienstag mit. Das Defizit sei „unter Kontrolle“, sagte Haushaltsstaatssekretärin Marta Fernández Curras. Es wird erwartet, dass die Regierung bei der Vorstellung des Haushaltsentwurfs für 2013 am Donnerstag weitere Reformen ankündigt.

Neuwahlen in Katalonien

Die Regierung der autonomen spanischen Region Katalonien kündigte unterdessen für den 25. November Neuwahlen an. Die Abstimmung, in der es auch um Unabhängigkeit vom Rest des Landes geht, wurde von Regionalpräsident Artur Mas damit um zwei Jahre vorgezogen. Madrid hatte es vergangene Woche abgelehnt, Katalonien besondere Befugnisse mit Blick auf die Finanzen zu erteilen.

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Kurz zuvor hatte Mas eine Großkundgebung in Barcelona angeführt, die als Warnung der Befürworter einer Unabhängigkeit an die Zentralregierung gesehen wurde. Die nordöstliche Region zählt zu den wirtschaftlich stärksten Spaniens, hat aber auch einen der größten Schuldenberge. Katalonien hat 5,02 Milliarden Euro aus einem Fonds der Zentralregierung beantragt.

Renditen auf spanische Anleihen gestiegen

Die Sorge über die Finanzlage in Spanien machte sich am Dienstag auch durch ein Ansteigen der Renditen auf spanische Staatsanleihen bemerkbar. Bei einer Auktion lag der durchschnittliche Zinssatz für Papiere mit einer Laufzeit von drei Monaten bei 1,2 Prozent. Bei einer ähnlichen Auktion im August lag der Wert noch bei 0,95 Prozent. Um Papiere mit einer Laufzeit von sechs Monaten am Markt zu platzieren, musste das spanische Finanzministerium 2,21 Prozent Zinsen zahlen. Im August lag der Wert bei 2,03 Prozent. (dapd)