Rom. Auf los geht's los: Italiens junger Senkrechtstarter Matteo Renzi hat den Staffelstab als Ministerpräsident übernommen und will das Land jetzt umkrempeln. Renzi gilt als “letzte Chance“ für das EU-Sorgenkind. Nun ist er an der Macht und muss er liefern.

Wirbelwind Matteo Renzi ganz in seinem Element: Kaum hatte der Staatspräsident Giorgio Napolitano ihn feierlich vereidigt, da nahm Italiens frischgebackener Ministerpräsident die Schlüssel des römischen Regierungspalastes Chigi in Empfang. Durchaus in frostiger Atmosphäre, hatte er doch seinen Parteifreund Enrico Letta aus diesem Amt geekelt. Danach erste Kabinettssitzung, dann zurück nach Florenz, wo Renzi bisher Bürgermeister war, um an der Antrittsrede zu feilen. Und in den Pausen twittert der Hoffnungsträger der jungen Generation, die in dem Krisenland unter erdrückend hoher Arbeitslosigkeit leidet.

Kleines Team - junge Garde

Mit einer superschmalen Ministerriege, darunter viele junge, aber auch wenig bekannte Gesichter, will er das Land jetzt wieder auf die Füße stellen - und dabei möglichst auch bis zum Legislaturende 2018 regieren. Für Italien ist es mehr als eine politische Stabübergabe, es ist vor allem auch ein Generationenwechsel. Renzi (39) wird auf der europäischen Bühne, also beim nächsten Gipfel in Brüssel, der jüngste auf dem Gruppenfoto sein. Zwei der Ministerinnen aus seiner Mitte-Links-Partei PD, Maria Elena Boschi und Marianna Madia, sind gerade mal 33 Jahre alt. Selbst Silvio Berlusconi (77) findet dies prima und stellt fest: "Matteo Renzi ist genau halb so alt wie ich."

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"Eine harte und schwierige Aufgabe. Aber wir sind Italien, wir werden es schaffen." Selbstbewusst wie immer twitterte der jüngste Regierungschef der italienischen Republik nach seinem Termin im Quirinale-Palast des Präsidenten. Politische Stabilität ist aber in Italien selten, und die Probleme der drittgrößten Volkswirtschaft der Euro-Zone sind riesig. Der Wechsel von dem wenig erfolgreichen Letta zu dem politischen Sprinter muss ein richtiger Neustart sein. "Hoffen wir also das Beste", kommentierte das der Staatschef zurückhaltend.

Für Wirtschaft und Finanzen niemanden gefunden

"Die wirkliche Neuheit in dieser Regierung Renzi ist Renzi selbst, der jüngste Regierungschef und einer der ehrgeizigsten", so befand der rechtsliberale Mailänder "Corriere della Sera" nach einem Blick auf die Kabinettsliste. Um dann gleich mit dem Finger auch darauf zu zeigen, dass Renzi dem konservativen Angelino Alfano doch wieder drei Ministerposten hatte zugestehen müssen. Und für die äußerst wichtige Aufgabe, sich um die Wirtschaft und die Finanzen des in anhaltender Rezession steckenden Landes zu kümmern, fand er keinen eigenen Mann. Dafür muss nun der OECD-Experte Pier Carlo Padoan nach Rom umziehen.

Der Problemberg ist groß, jetzt ist der jüngste der derzeitigen Regierungschefs Europas aus den Startlöchern: Wachstum muss her und Bürokratie weggezaubert werden; den politischen Apparat gilt es zu verschlanken, die Steuern für Unternehmen und Bürger zu senken. Es ist ein Pflichtenheft wie für einen Herkules.

Politik "wie in einem zweitklassigen Film"

Will Renzi es auch nur teilweise bewältigen, muss er Privatisierungen sowie Einschnitte bei den öffentlichen Ausgaben auf den Weg bringen. Wieweit wird Alfano mitmachen, und wie verhält sich aus der Opposition heraus Berlusconi, doch immer noch ein nicht zu unterschätzender Faktor? Sollte Renzi scheitern, dann blieben wohl nur Neuwahlen als Weg aus dem Dilemma.

Nach Mario Monti und Enrico Letta tritt die dritte Regierung hintereinander an, die nicht direkt aus einer Wahl hervorgegangen ist. "Wenn aber eine Regierung nicht gewählt ist, dann ist das keine Demokratie", mäkelt Berlusconi, während der Chef der populistischen 5-Sterne-Bewegung M5S, Beppe Grillo, aus der Opposition heraus meint, es laufe in der Politik gerade ein zweiklassiger Film. "Die Erholung ist jetzt vorbei", so scherzt Renzi noch. Denn er muss nun liefern. (dpa)