Berlin. Unterschiede bestenfalls im Detail: Im ersten TV-Duell der beiden Spitzenkandidaten Martin Schulz und Jean-Claude Juncker um das Amt des EU-Kommissionspräsidenten herrscht in den meisten Sachfragen Einigkeit. Kein gutes Signal für die Mobilisierung der Wähler.
Es fing schon sehr harmonisch an, denn die beiden Spitzenkandidaten waren sich einig im Protest. Jean-Claude Juncker wies, ein bisschen empört, darauf hin, dass er noch nicht 60 sei, wie in der Ansage zum TV-Duell behauptet. Und Martin Schulz sprang ihm bei: Denn er selbst ist erst 58 Jahre alt, nicht 59, wie angegeben. Und so blieb es dann auch. Meistens waren die Spitzenkandidaten für die Europawahl einer Meinung, Kontroversen blieben aus, persönliche Angriffe auch.
Es war eine Premiere, aber Premieren sind eben auch nicht immer spannend. Über weite Strecken tauschten Juncker und Schulz Floskeln und Freundlichkeiten aus. Richtig gekracht hat es bei dem Fernsehduell der beiden Spitzenkandidaten für die Wahl am 25. Mai nicht. Wie denn auch? Denn der Sozialdemokrat Schulz und der Konservative Juncker sind seit Jahrzehnten dabei im europäischen Geschäft.
Bei fast allen Fragen Einigkeit
Schulz ist seit 20 Jahren Abgeordneter im Europäischen Parlament, seit 2012 dessen Präsident; Juncker war über 18 Jahre Ministerpräsident Luxemburgs und hat als langjähriger Chef der Euro-Gruppe die Finanzpolitik der EU maßgeblich mitgestaltet. Dass sein kleines Heimatland eine Steueroase sei, wies Juncker natürlich auch zurück.
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Das war vielleicht der einzige echte Dissens. Wettbewerb bei den Steuersätzen zwischen den EU-Ländern müsse es geben, sagt Juncker. "Entschieden anderer Meinung" war dazu der SPD-Mann Schulz. Bei fast allen anderen Fragen Einigkeit. Chlorhühner aus den USA? "Mit mir wird es das nicht geben", sagt Schulz. "Nein", sagt Juncker, vielleicht ein bisschen weniger überzeugt.
Erstmals streiten sich zwei Spitzenkandidaten um das Amt des EU-Kommissionspräsidenten. Ob aber wirklich einer der beiden das wichtigste Amt in der EU übernimmt, ist noch längst nicht ausgemacht. Die Staats- und Regierungschefs müssen das Ergebnis der Europawahl am 25. Mai berücksichtigen, mehr nicht. Wer das Ergebnis nicht akzeptiere, "verübt einen Anschlag gegen die europäische Demokratie", sagt Schulz. Und Juncker warnt vor einer institutionellen Krise, wenn das Ergebnis der Wahl nicht akzeptiert wird. Abwarten.
Kleiner Akzent am Schluss
Allerdings steht schon jetzt einigermaßen fest: Eine absolute Mehrheit im Europaparlament wird weder Junckers konservative EVP erzielen noch die Sozialisten und Sozialdemokraten, für die Schulz ins Rennen geht. Schon jetzt gibt es im Europäischen Parlament eine große Koalition, durch den erwarteten Zulauf für Rechtspopulisten wird diese noch unvermeidlicher. Fragt sich nur, mit welchem Personal an der Spitze.
Am Schluss dann noch ein kleiner Akzent. Was denn das allerwichtigste Ziel sei im Amt des Kommissionspräsidenten, werden die beiden gefragt. Die Bekämpfung der Jugendarbeitslosigkeit, sagt Schulz. Dauerhaftes Wachstum und stabile Staatsfinanzen, meint Juncker. Aber ein richtiger Wiederspruch ist das wohl auch nicht. (dpa)