Essen. Viele Parteien setzen vor der Europawahl auf Werbespots im Fernsehen. Nicht jeder Spot erfüllt die Maßgaben des guten Geschmacks, doch über die Inhalte entscheiden die Parteien selbst. Die Sender haben kaum Handlungsmöglichkeiten, nur in Extremfällen können sie die Ausstrahlung eines Spots ablehnen.

Im Vorfeld der Europawahl am 25. Mai schalten viele Parteien Werbespots im Fernsehen. Wir beantworten die wichtigsten Fragen dazu.

Welche Parteien dürfen Werbespots senden?

Im ZDF-Staatsvertrag steht: Jede Partei, für die mindestens ein Wahlvorschlag zugelassen worden ist, hat Anrecht auf eine angemessene Sendezeit. Ähnliche Regelungen ergeben sich aus den Landesrundfunkgesetzen für das Erste und die Dritten.

Kompliziert ist es bei Parteien, die nur in einigen Wahlkreisen antreten. So sieht das Landesmediengesetz NRW vor, dass Parteien nur dann einen Anspruch auf Sendezeit im Fernsehen haben, wenn sie in einem Sechstel aller Wahlkreise antreten.

Dürfen die Sender Spots aus inhaltlichen Gründen ablehnen?

Generell nein. Die Parteien sind weitgehend frei darin, was sie in den Spots zeigen. Selbst verfassungsfeindliche Aussagen sind nicht in jedem Fall ein Grund für einen Sender, die Ausstrahlung eines Spots zu verweigern. Das hat das Bundesverfassungsgericht schon 1978 entschieden.

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Damals hatten Kleinparteien geklagt, weil sich die ARD geweigert hatte, ihre Spots auszustrahlen. Die Richter urteilten: Nur bei einem „evidenten und ins Gewicht fallenden Verstoß gegen allgemeine Normen des Strafrechts“ dürfe der Sender die Ausstrahlung ablehnen.

Zur anstehenden Europawahl im Mai lehnte die ARD die Ausstrahlung eines Werbespots von ProNRW ab, bis die rechtsextreme Partei den Film entschärfte. Die Sender weisen regelmäßig zu Beginn der Spots daraufhin, dass für die Inhalte ausschließlich die Parteien verantwortlich sind.

Wie viele Spots dürfen die Parteien senden?

Anspruch auf Werbespots im Fernsehen haben grundsätzlich nicht nur Parteien, die bereits im Parlament vertreten sind, sondern auch Parteien und politische Gruppierungen, die dort erst hin wollen.

Das Bundesverfassungsgericht hat allerdings mehrfach betont, dass sich die zur Verfügung gestellte Sendezeit nach der Bedeutung der Parteien richtet. Großen Parteien wie SPD und CDU steht mehr Sendezeit zu als Kleinparteien.

Polit-Prominenz und Schnurrbart-Bingo auf Wahlplakaten

Für die CDU Essen ist das Internet längst kein Neuland mehr. Hier werden sogar Hashtags verwendet, ob sie nun Sinn ergeben oder nicht.
Für die CDU Essen ist das Internet längst kein Neuland mehr. Hier werden sogar Hashtags verwendet, ob sie nun Sinn ergeben oder nicht. © Kerstin Kokoska / WAZ FotoPool
Auch die Sparkasse stellt sich offensichtlich zur Wahl. Jedenfalls erinnert das biedere Plakatmotiv, mit dem die Bochumer SPD auf Stimmenfang geht, frappierend an die Fernsehspots der Bank.
Auch die Sparkasse stellt sich offensichtlich zur Wahl. Jedenfalls erinnert das biedere Plakatmotiv, mit dem die Bochumer SPD auf Stimmenfang geht, frappierend an die Fernsehspots der Bank.
Tiere gehen ja immer. Und Katzen ja sowieso. Noch mehr Aufmerksamkeit geht nur mit Katzen hinter Gittern. Chapeau, liebe Grüne in Gladbeck! Das Plakat ist zwar nicht originell, aber man guckt unwillkürlich hin.
Tiere gehen ja immer. Und Katzen ja sowieso. Noch mehr Aufmerksamkeit geht nur mit Katzen hinter Gittern. Chapeau, liebe Grüne in Gladbeck! Das Plakat ist zwar nicht originell, aber man guckt unwillkürlich hin. © Lutz von Staegmann / WAZ FotoPool
Klingt ein bisschen wie frisch aus dem Bullshit-Bingo-Generator, was die CDU Rees sich da auf die Fahnen, respektive aufs Wahlplakat geschrieben hat:
Klingt ein bisschen wie frisch aus dem Bullshit-Bingo-Generator, was die CDU Rees sich da auf die Fahnen, respektive aufs Wahlplakat geschrieben hat: "Gemeinsam Zukunft unternehmen." Wenigstens tritt man damit niemandem auf die Füße.
Das haben sich wohl auch die Wittener Sozialdemokraten gedacht. Sie plakatierten fröhlich
Das haben sich wohl auch die Wittener Sozialdemokraten gedacht. Sie plakatierten fröhlich "Frohe Ostern!" Das hilft zwar nicht bei der Wahlentscheidung, kommt aber besser an als der trockene "Raus aus den Schulden"-Slogan der örtlichen CDU. © Thomas Nitsche
Mit derart banalen Slogans geben sich die Piraten nicht ab, hier geht es um knallharte Inhalte - und irgendwas mit Internet:
Mit derart banalen Slogans geben sich die Piraten nicht ab, hier geht es um knallharte Inhalte - und irgendwas mit Internet: "Update für Essen". © Sebastian Konopka
"Never change a winning team!", scheint das Motto der Marxisten zu sein. Auf welchem Listenplatz stehen die abgebildeten Jungs wohl? © Thomas Nitsche
Haben sie das versteckte Thema auf diesem Wahlplakat erkannt? Es geht um Nachhaltigkeit. Denn dieses Motiv, da können Sie sicher sein, kann man auch zur nächsten Wahl noch verwenden. Und zur übernächsten und zur...
Haben sie das versteckte Thema auf diesem Wahlplakat erkannt? Es geht um Nachhaltigkeit. Denn dieses Motiv, da können Sie sicher sein, kann man auch zur nächsten Wahl noch verwenden. Und zur übernächsten und zur... © Lut von Staegmann / WAZ FotoPool
Ihr lebt also Bochum, liebe CDU. Und der Wähler so: Hä? Aber immerhin schön, dass jeder von euch auf dem Plakat Platz gefunden hat.
Ihr lebt also Bochum, liebe CDU. Und der Wähler so: Hä? Aber immerhin schön, dass jeder von euch auf dem Plakat Platz gefunden hat. © Olaf Ziegler / WAZ FotoPool
Die Botschaft der Genossen in Gelsenkirchen lautet: Frank! Nicht verstanden? FRANK! Wenn es einer richten kann, dann er, Frank Baranowski. Da muss den Konkurrenten erst mal was besseres einfallen!
Die Botschaft der Genossen in Gelsenkirchen lautet: Frank! Nicht verstanden? FRANK! Wenn es einer richten kann, dann er, Frank Baranowski. Da muss den Konkurrenten erst mal was besseres einfallen! © Martin Möller / WAZ FotoPool
"Wachstum" und "Arbeit" steht auf deren Plakaten. Schon mal nicht schlecht, aber ein Schlagwort aus dem Standard-Repertoire der CDU fehlt noch, oder? © Martin Möller / WAZ FotoPool
Richtig:
Richtig: "Sicherheit", das haben dann die Essener Christdemokraten verwertet. © Gerrit Dorn
Und irgendwas mit Kindern. Geht ja auch immer.
Und irgendwas mit Kindern. Geht ja auch immer. © Kerstin Kokoska / WAZ FotoPool
Und wer sonst nichts zu sagen hat, der plakatiert seine Stars aus der ersten Reihe. Ob sie nun Angela Merkel heißen (in Oberhausen), ...
Und wer sonst nichts zu sagen hat, der plakatiert seine Stars aus der ersten Reihe. Ob sie nun Angela Merkel heißen (in Oberhausen), ... © Tom Thöne / WAZ FotoPool
...Sahra Wagenkneckt (in Gladbeck) oder...
...Sahra Wagenkneckt (in Gladbeck) oder... © Lutz von Staegmann / WAZ FotoPool
...Hans-Josef Winkler (in Wattenscheid. Wer? Ach, egal.
...Hans-Josef Winkler (in Wattenscheid. Wer? Ach, egal.
Das Essener Bürgerbündnis steht für die Extreme. Nicht unbedingt politisch, aber bei der Gestaltung seiner Plakate. Entweder, wie hier, Bleiwüste ohne Köpfe oder...
Das Essener Bürgerbündnis steht für die Extreme. Nicht unbedingt politisch, aber bei der Gestaltung seiner Plakate. Entweder, wie hier, Bleiwüste ohne Köpfe oder... © Gerrit Dorn
...alle Köpfe, derer man habhaft werden konnte. Dieses Motiv beinhaltet eine Spielidee: Wer zuerst vier nebeneinanderliegende Schnurrbärte findet, ruft Bingo! und gewinnt.
...alle Köpfe, derer man habhaft werden konnte. Dieses Motiv beinhaltet eine Spielidee: Wer zuerst vier nebeneinanderliegende Schnurrbärte findet, ruft Bingo! und gewinnt. © Gerrit Dorn
Nicht schlecht, liebe SPD, ihr könnt ja sogar kontextsensitive Plakatierung: Das Plakat zum bezahlbaren Wohnraum hängt an einem Baugerüst in Essen-Rüttenscheid.
Nicht schlecht, liebe SPD, ihr könnt ja sogar kontextsensitive Plakatierung: Das Plakat zum bezahlbaren Wohnraum hängt an einem Baugerüst in Essen-Rüttenscheid. © Gerrit Dorn
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Die Spots dürfen nicht länger als anderthalb Minuten lang sein.

Müssen die Parteien für die Sendezeit bezahlen?

Im Privatfernsehen müssen die Parteien für den Sendern den Selbstkostenpreis für die Sendezeit bezahlen: 35 Prozent dessen, was kommerzielle Werbekunden zahlen müssten.

Bei den öffentlich-rechtlichen Sendern ist die Ausstrahlung für die Parteien kostenlos. Lediglich die Produktion des Beitrags müssen die Parteien finanzieren.

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Was ist mit den Spots von Spaßparteien?

Die Satirepartei "Die PARTEI" versteigerte ihren Werbespot zur Bundestagswahl 2005 meistbietend bei Ebay und kaufte ihn anschließend zurück, weil eine Fluggesellschaft ihr 25.000 Euro dafür bot, im Spot erwähnt zu werden. Der Spot wurde gesendet.

Dagegen scheiterte die Anarchistische Pogo-Partei Deutschlands mit dem Versuch, einen Spot zeigen zu lassen, in dem nach Medienangaben "Menschen Bier trinken, Hundefutter essen, sich gegenseitig Bierdosen auf den Kopf schlagen und mit einer Axt einen Computer traktieren“. Das ZDF und später auch das Oberlandesgericht Rheinland-Pfalz sahen in dem Spot eine Jugendgefährdung.