Essen. Es gibt keinen vernünftigen Grund, bei der Bundestagswahl 2013 keine Stimme abzugeben. Es gibt allerdings viele gute Gründe, sich die Wahlwerbespots der Parteien nicht anzusehen. Als Wähler kann man sich sonst wahlweise für nicht voll genommen fühlen - oder eingelullt.

Wer politikverdrossen ist, sollte lieber nicht in den Wahlwerbespots der Parteien nach Inspiration suchen. 90 Sekunden lang versuchen die Parteien in ihren Werbefilmen zur Bundestagswahl, Wähler dazu zu bewegen, ihre Stimme für sie herzugeben. Das ist selten lustig, und wenn, dann eher unfreiwillig. Oft sind die Spots dafür ein bisschen beleidigend - weil die Parteien zu glauben scheinen, dass Wähler leicht zu manipulieren sind.

Der CDU-Spot - das Wahlwerbe-Äquivalent zur Buttercreme-Torte

Es kann nur eine geben: Bundeskanzlerin Angela Merkel mit goldenen Strähnen und rotem Blazer im schwarzen Sessel erzählt, wie gut sie ihren Job macht. Nicht immer in besonders schlüssigen Zusammenhängen: "Es gibt Momente, da steht viel auf dem Spiel. In der Euro-Krise zum Beispiel. Oft betreten wir auch Neuland. Als Kanzlerin treffe ich Entscheidungen für unser Land."

Dafür spricht Merkel mit sanfter Stimme, die Kamera fährt nah ran ans Kanzlerinnen-Antlitz - und wieder weg, und wenn man kein grundlegendes Problem mit der Regierungschefin hat, gibt's wenig, über das man sich aufregen kann. Fazit: Das Wahlwerbe-Äquivalent der Buttercreme-Torte, hochprofessionell gemacht, weich, ohne Kanten, geht gut runter, macht müde und behäbig.

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Der SPD-Spot - Volkes Stimme für Peer Steinbrück

SPD-Kanzlerkandidat Peer Steinbrück hat in den vergangenen Monaten PR-technisch so häufig das Falsche gesagt, dass die Werbespot-Macher lieber die Bürger zu Wort kommen lassen. "Das Wir entscheidet" steht auf dem Rednerpult, an das sich Menschen wie du und ich stellen und sagen, was sie sich von der Politik wünschen. Die wackelnde Kamera verstärkt den Eindruck der Authentizität, wenn Männer und Frauen über Mindestlöhne sprechen und Renten, über Zwei-Klassen-Medizin, Bildung, Kita-Plätze und ihre Empörung über Banken-Rettungen.

Die SPD braucht nur 80 Sekunden, und im krassen Gegensatz zu Amtsinhaberin Merkel bekommt Herausforderer Steinbrück davon weniger als zehn Sekunden. Fazit: Steinbrück wirkt überraschend zurückhaltend und bescheiden, das Format dagegen anbiedernd.

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Die Grünen (auch) mit Witz - die FDP mit platter Bildsprache 

Der FDP-Spot - Brüderle nuschelt beim Frühstück im Café

Die Liberalen sind so effizient, die brauchen nicht mal Verben: "1,6 Millionen neue Arbeitsplätze in vier Jahren. Jährliche Exporte in Höhe von 1000 Milliarden Euro. Ausgeglichener Haushalt schon 2014." Und wer's jetzt noch nicht kapiert hat: "Deutschland geht es gut."

Dann taucht im Wahlwerbe-Spot der FDP-Fraktionsvorsitzende Rainer Brüderle auf, der den Wählern nuschelnd versichert, dass ihnen niemand die Butter vom Brot nehmen darf. Dabei schmiert Brüderle sich im Café ein Butterbrot. Er erklärt, dass Rot-Rot-Grün "nicht das Gelbe vom Ei" sei - und isst dabei ein Frühstücks-Ei. Plattere Bildsprache ist kaum vorstellbar, man hat den Eindruck, Brüderle habe sich den Spot möglicherweise selbst ausgedacht. Immerhin haben die Macher die Bilder einer radelnden Familie aus dem Filmchen herausgeschnitten, die die NPD auch benutzt hat. Fazit: Die FDP traut ihren Wählern offenbar nicht zu, Metaphern zu verstehen.

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Die Spots der Grünen - Wahlkampfprogramm in Bildern oder veräppelte Gegner

Die Grünen haben zwei Spots im Angebot. Da ist der sichere, mit den Spitzenkandidaten Jürgen Trittin und Katrin Göring-Eckhardt: Die beiden stehen im Park, blinzeln in die Sonne und spulen mehr oder weniger angeregt ihr Wahlkampf-Programm ab: Gegen Kinderarmut, gegen das Betreuungsgeld, für gute Kitas, für Energieeffizienz, gegen Kohle und Atomkraft, undsoweiterundsoweiter.

Im zweiten Spot erzählt ein netter älterer Herr von der "gemeinen Schnecke" - von ihrer Langsamkeit, dem fehlenden Rückgrat, der ausgeprägten Vetternwirtschaft. Zwischen die leicht angegilbten Bilder sind schwarz-weiße von Mitgliedern der Regierung im Bundestag geschnitten. Und es gibt diesen Tipp: "Keine Sorge, schon im September können Sie die Schneckenplage ganz einfach wieder loswerden." Fazit: Die Grünen können sich nicht entscheiden, wie viel Schlussfolgerungsvermögen sie den Wählern zutrauen sollen - und schwanken deshalb zwischen bieder und mittelcool.

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Die Linke versucht's ohne, die Piraten mit zu viel Ironie 

Im Wahl-Spot der Linken werden Menschen zerknüllt und geknebelt

Die Linke setzt auf Schauspieler. Die spielen im TV-Spot der Partei Menschen, denen es nicht gut geht. Und während sie davon erzählen - zu wenig Geld für eine Familie, zu niedrige Rente, zu wenig Kita-Plätze, Zwei-Klassen-Medizin - wird das Bild der jungen Frau zerknüllt, der ältere Mann geknebelt, der Pfleger mit Wasser überschüttet.

Politiker-Nasen? Fehlanzeige, dafür gibt's markige Sprüche: "Wir machen Druck für eine soziale Politik." Völlig unverständlich ist das Ende des Spots: Da steht die junge Frau, die am Anfang von zu wenig Lohn sprach, fordert die Zuschauer auf, am 22. September die Linke zu wählen, und trägt dabei - einen Ritterhelm! Fazit: Zu wenig Authentizität bei den Darstellern und ein Ritterhelm zu viel.

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Die Piraten halten anderthalb Minuten Ironie durch

Die Piraten versuchen's mit Ironie. Kostprobe: "Lutz Christian A., Historiker, hat vom Arbeitsamt die Chance bekommen, auf der Baustelle zu arbeiten. Was will er da noch mit einem bedingungslosen Grundeinkommen?" Der Mann mit der Farbrolle in der Hand und den Klecksen auf dem Sakko lässt traurig die Schultern hängen.

Themen im Piraten-Spot sind außerdem etwa die mangelnde Internet-Kompetenz von Lehrern, das Recht auf die Adoption von Kindern für homosexuelle Paare oder die Legalisierung von Cannabis - mit Vorschlaghammer-Ironie dem potienziellen Wähler eher unelegant präsentiert. Fazit: Viel zu trotziger Ton.

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Nonsense, gewollt und ungewollt: Wie Splitterparteien für sich werben 

Die Partei Die Partei (für Arbeit, Rechtsstaat, Tierschutz, Elitenförderung und basisdemokratische Initiative) spottet jeder Beschreibung. Und verspottet mit einem Spot die Spots aller anderen Parteien. Spitzenkandidat Mark Beneke verspricht, nur das zu tun, was die Wähler wollen und kann sich dabei das Grinsen kaum verkneifen. Albern, auf die lustige Art. In einem zweiten Spot äffen Menschen Politiker nach, die staatstragend Statements von sich gegeben haben. Kindisch, aber witzig. Fazit: Die Partei löst keine Probleme, außer vielleicht das der schlechten Laune. Aber das ist ja auch schon was.

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Die Partei der Vernunft hat einen von einem Zeichner illustrierten Vorschlag, der so gar nicht vernünftig klingt: Sie will die Lohnsteuer abschaffen und das Geld beim Bürger lassen, damit der sich dann all das selbst erfüllen kann, was ihm die anderen Parteien vor der Wahl versprochen haben. Fazit: Leicht durchgedrehte These, aber immerhin in der Machart unaufdringlich.

Die Freien Wähler (FW) glauben vermutlich, sie seien subtil: Da sitzt ein Mann auf einer Bank am See und macht der kontrollsüchtigen Mutter im Hosenanzug Vorwürfe, weil sie das Spielen ihrer Kinder reglementiert. Und je mehr der Mann der Frau erklärt, wie alles besser laufen würde („Trinkwasser nicht privatisieren“, „Direktwahl Bundespräsident“), desto näher rückt sie an ihn heran, öffnet den Dutt und lässt die Haare weich über die Schultern fallen. Merke: Wer die Ansichten der Freien Wähler vertritt, ist sexy.

Der beste Wahlwerbespot wirbt nur fürs Wählen 

Wenn Thilo Sarrazins miserable Englischkenntnisse mal kein gutes Argument für bessere Bildungspolitik sind. Oder die Existenz der Geissens eins für mehr soziale Gerechtigkeit. Und ein krakeelendes Kind im Elektromarkt für mehr Kita-Plätze. Schön ironisch und ziemlich lustig ist der Spot der IG Metall, der dafür wirbt, 2013 zur Bundestagswahl zu gehen. In diesen 2 Minuten und 50 Sekunden ist wenig so geradeheraus wie der Titel: "Geh wählen" Metallmix 2013.

In den ersten 48 Stunden online ist "Geh wählen" rund 250.000 mal angesehen worden. Der Spot ist intelligenter und mit mehr Witz gemacht als alle Wahlwerbespots der im Bundestag vertretenen Parteien zusammen. Zugegeben, die Zielgruppe ist kleiner, mit einer Ästhetik zwischen Mash-ups im Netz und MTV Jackass sind eher jüngere Wähler angesprochen, bei Witzen mit Blähungen bei mittelalten Damen im Schwimmbad und tragbaren Klos an Bungee-Seilen vermutlich auch mehr junge Männer als Frauen. Aber er zeigt, dass Werbespots mit politischem Inhalt weder peinlich noch zum Einschlafen sein müssen.

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Diese Parteien werben mit Spots im TV 

Jede Partei, die zur Bundestagswahl zugelassen ist, hat Anspruch darauf, dass ihr Wahlwerbespot im Ersten und im ZDF ausgestrahlt wird. Wie häufig der Spot einer bestimmten Partei gezeigt wird, errechnet sich aus einer komplizierten Formel, die auf der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichtes und dem Parteiengesetz fußt. Demnach wird kein Spot mehr als achtmal und keiner weniger als zweimal ausgestrahlt.

Die folgenden Parteien haben beim für die ARD zuständigen Sender RBB Anträge auf Zuteilung von Sendezeit gestellt und Wahlspots zur Ausstrahlung im Ersten eingereicht: