Moskau/Berlin. Die OSZE-Beobachter wurden auf einer Pressekonferenz in Slawjansk in der Ostukraine den Journalisten präsentiert. Unter den Gefangenen sind auch vier Deutsche. Es werde Gespräche über ihre Freilassung geben, sagen die Milizionäre. Unterdessen planen die EU und Russland schärfere Sanktionen.

Prorussische Milizionäre in der ostukrainischen Stadt Slawjansk haben am Sonntag die gefangenen Beobachter der Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (OSZE) bei einer Pressekonferenz vorgeführt. Die in zivil gekleideten und offenbar unverletzten Männer wurden von den Aufständischen in einen Saal des besetzten Rathauses geführt, in dem rund 60 Journalisten versammelt waren. Die Beobachter waren am Freitag zusammen mit fünf ukrainischen Soldaten gefangen genommen worden, unter ihnen sind auch vier Deutsche.

"Wir sind Gäste von Ponomarjow. Wir sind keine Kriegsgefangene", sagte einer der vier deutschen Festgesetzten. Alle Mitglieder des Teams seien gesund. Die Bedingungen ihrer Freilassung sei ihnen nicht bekannt. "Wir hängen von unseren Diplomaten ab, die mit dem Bürgermeister verhandeln müssen", sagte der Mann, der sich als Oberst der Bundeswehr bezeichnete.

Das festgesetzte OSZE-Team sei am Freitag zunächst in Slawjansk in einem Keller untergebracht gewesen, berichtete der Oberst. "Dort mussten wir uns zunächst selbst einrichten. Seit gestern sind wir in einen komfortableren Aufenthaltsraum, der beheizt ist, untergebracht.". In dem Raum gebe es "Tageslicht und eine Klimaanlage".

Appell vom deutschen Bundespräsidenten

Bundespräsident Joachim Gauck hat die Verantwortlichen in Russland und in der Ukraine dringend aufgefordert, die festgesetzten OSZE-Militärbeobachter freizulassen. "Ich appelliere an alle Verantwortlichen dort, Vernunft walten zu lassen", sagte Gauck am Sonntag beim Besuch deutscher Soldaten im türkisch-syrischen Grenzgebiet. Vor allem Russland sei aufgerufen, den unhaltbaren Zustand zu beenden. Die Angehörigen der OSZE-Mission hätten das Ziel, den Konflikt in der Ukraine auf zivile Weise zu lösen.

Milizenführer Wjatscheslaw Ponomarew hatte die Beobachter zuvor als "Kriegsgefangene" bezeichnet. Der selbsternannte Bürgermeister der Stadt bestätigte zudem, dass eine OSZE-Delegation zu Gesprächen über die Freilassung der festgesetzten Militärbeobachter in Slawjansk erwartet werde. Die Milizionäre wollen sie aber nur gegen Gefangene aus den eigenen Reihen austauschen. Ponomarew sagte zudem, in Slawjansk seien auch drei weitere ukrainische Offiziere gefangengenommen worden, die auf einer "Spionagemission" gewesen seien.

Russland will Freilassung erreichen

Die prorussischen Milizen hatten am Freitagmittag einen Bus mit Mitgliedern einer Militärbeobachtermission der OSZE nahe Slawjansk gestoppt. Unter ihnen sind drei deutsche Soldaten, ein deutscher Dolmetscher sowie ein Pole, ein Däne, ein Tscheche und ein Schwede. Außerdem gehören fünf ukrainische Soldaten zur Gruppe.

Die Gruppe gehört laut der OSZE nicht zur zivilen Beobachtermission, die wegen der Krise Ende März in die Ukraine entsandt wurde, sondern zu einer separaten Militärbeobachtermission unter deutscher Leitung. Die prorussischen Milizionäre bezeichneten die Beobachter am Samstag als "NATO-Spione". Russland, gleichfalls ein OSZE-Mitglied, versicherte am Samstag, alles in seiner Macht stehende zu tun, um die Freilassung der Beobachter zu erreichen.

Neue Einreiseverbote und Kontensperrungen gegen Russen und Ukrainer geplant

Die Industriestaaten der G7 und die EU wollen Russland unterdessen zügig mit schärferen Sanktionen für seine Rolle im Ukraine-Konflikt bestrafen. Der Kreml unterstützt aus ihrer Sicht separatistische Kräfte im Osten und Süden des Nachbarlands und stachelt mit grenznahen Militärübungen den Konflikt gezielt an. Sanktionsbeschlüsse der USA und der EU könnten schon an diesem Montag fallen.

Nach dpa-Informationen aus EU-Diplomatenkreisen beraten an diesem Montag die Botschafter der 28 EU-Staaten in Brüssel über zusätzliche Sanktionen gegen Moskau. Auf der Agenda stehen demnach weitere Einreiseverbote und Kontensperrungen. Die Maßnahmen könnten noch im Tagesverlauf von den Regierungen abgesegnet und in Kraft gesetzt werden, hieß es. Auf der EU-Sanktionsliste stehen bereits mehrere Dutzend Russen und Ukrainer.

Auch die US-Regierung will zügig zusätzliche Sanktionen in Kraft setzen, möglichst im Gleichschritt mit den G7 und der EU. US-Präsident Barack Obama kritisierte am Sonntag in Kuala Lumpur, die russische Regierung habe noch keine Schritte unternommen, um die angespannte Situation im Osten und Süden der Ukraine zu befrieden. Vielmehr habe der Kreml separatistische Kräfte noch ermutigt. Der stellvertretende US-Sicherheitsberater Ben Rhodes sagte, die Strafmaßnahmen könnten "Kumpanen" der Kremlführung aus der Geschäftswelt und damit die Wirtschaft treffen.

Zur G7 gehören Kanada, Frankreich, Deutschland, Italien, Japan, Großbritannien und die USA. (afp, dpa)