Donezk/Moskau. Auch nach der Unterzeichnung des Friedensplans bleibt die Lage in der Ost-Ukraine gespannt. Die pro-russischen Kämpfer weigern sich, die besetzten Gebäude zu freizugeben. Der Friedensplan sieht Gewaltverzicht beider Seiten vor — und die Entwaffnung der Separatisten.

Ungeachtet der Genfer Vereinbarung setzt die Regierung in Kiew ihre Militäraktion gegen pro-russische Separatisten im Osten des Landes fort. "Die Anti-Terror-Operation läuft weiter. Wie lange sie andauern wird hängt davon ab, wie lange Terroristen in unserem Land bleiben", sagte die Sprecherin der Staatssicherheit, Marina Ostapenko, am Freitag vor Journalisten in Kiew.

Inmitten der Krise hat die Regierung zugesagt, der russischen Sprache einen "Sonderstatus" einräumen zu wollen. "Wir werden dem Russischen einen Sonderstatus geben und garantieren, es zu schützen", erklärte Ministerpräsident Arseni Jazenjuk am Freitag in einer Ansprache an die Nation. Die Regierung sei bereit zu einer breit angelegten Verfassungsreform, die außerdem den Regionen deutlich mehr Rechte geben solle. An der Seite Jazenjuks befand sich Interimspräsident Oleksander Turtschinow.

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In der Stadt Slawjansk im Osten waren in der Nacht zum Freitag Schüsse gefallen, als ukrainische Regierungstruppen einen Posten prorussischer Uniformierter stürmten. Unbestätigten Berichten zufolge soll mindestens ein Mensch gestorben sein. Pro-russische Separatisten hielten weiterhin Regierungsgebäude besetzt und zeigten keine Bereitschaft, entsprechend der Genfer Erklärung die Gebäude zu räumen und ihre Waffen abzugeben.

Separatisten stellen Bedingungen für ihre Entwaffnung

Russland und die Ukraine hatten in Genf überraschend bei den Verhandlungen mit den USA und der EU einem Friedensplan zugestimmt, nach dem die prorussischen Uniformierten in der Ostukraine entwaffnet werden sollen. Allerdings hatte Kremlchef Wladimir Putin gesagt, dass auch die ukrainischen Regierungstruppen die Gewalt einstellen müssten.

Die prorussischen Kräfte stellten Bedingungen für ihre Entwaffnung. Der Militäreinsatz der Machthaber aus Kiew gegen die eigene Bevölkerung müsse beendet werden, sagte Sprecher Miroslaw Rudenko. Außerdem wollten die Aktivisten das Recht auf eine russische Staatsbürgerschaft, um Moskau gegebenenfalls um Beistand zu bitten. Zudem sollten festgenommene Anführer freigelassen und auch ultranationalistische Kräfte wie der "Rechte Sektor" entwaffnet werden.

Inzwischen lässt der ukrainische Grenzschutz keine Russen im Alter zwischen 16 und 60 Jahren mehr einreisen - aus Angst, sie könnten die prorussischen Kräfte verstärken. Das Außenministerium in Moskau kritisierte die Einreiseverbote als Verstoß gegen internationales Recht. Dutzende Menschen würden an der Einreise gehindert, berichteten Medien in Moskau. Auch Journalisten seien von der Sperre betroffen. Die staatliche russische Fluggesellschaft Aeroflot hatte am Donnerstag über die Einreiseverbote informiert.

Weg für Verfahren gegen Janukowitsch frei

Unterdessen hat die Ukraine die juristischen Voraussetzungen für das internationale Strafverfahren gegen den gestürzten Präsidenten Viktor Janukowitsch und andere frühere Regierungspolitiker geschaffen. Um Ermittlungen des Internationalen Strafgerichtshofes (IStGH) zu ermöglichen, erkannte sie die Zuständigkeit des Tribunals in Den Haag für die Zeit der Proteste an (November 2013 bis Februar 2014). Das geht aus einer Mitteilung des IStGH von Donnerstagabend hervor.

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Während der monatelangen Proteste gegen die Regierung Janukowitsch in Kiew waren zahlreiche Demonstranten von Scharfschützen getötet worden. Das ukrainische Parlament macht dafür die damalige Regierung verantwortlich. Der für Verbrechen gegen die Menschlichkeit zuständige Gerichtshof wies darauf hin, dass die Akzeptanz seiner Jurisdiktion nicht automatisch zu Strafverfahren führe. In jedem Fall müsse die Staatsanwaltschaft prüfen, ob Ermittlungen gerechtfertigt erschienen. Die Ukraine gehört nicht zu den Mitgliedstaaten des IStGH. Sie kann aber wie jedes andere Land um die Verfolgung schwerer Verbrechen auf dem eigenen Staatsgebiet durch das Tribunal nachsuchen. (dpa/Reuters)