Die israelische Armee ist Ermittlungen einer Menschenrechtsorganisation zufolge für den Tod eines 14-Jährigen an einer Sperranlage im Westjordanland verantwortlich. Demnach haben Soldaten ohne Vorwarnung mit scharfer Munition auf drei Schüler geschossen. Die Armee widersprach der Darstellung.

Nach einwöchigen Ermittlungen ist eine israelische Menschenrechtsorganisation zu dem Schluss gekommen, dass die israelische Armee für den Tod eines Kindes an der Sperranlage im Süden des Westjordanlands verantwortlich ist. Die israelischen Soldaten hätten ohne Vorwarnung mit scharfer Munition auf drei Schüler geschossen, die im Grenzbereich Küchenpflanzen sammelten, hieß es in einem am Mittwochabend veröffentlichten Bericht der Gruppe B'Tselem. Der 14-jährige Jussef Sami Schawamreh war bei dem Vorfall Mitte vergangener Woche nahe seines Heimatdorfes Deir al-Asal al-Tachta tödlich getroffen worden.

Nach Anhörung zahlreicher Zeugen, darunter die beiden 13 und 18 Jahre alten Begleiter des Opfers, und Besichtigung der Örtlichkeiten erklärte B'Tselem, die Darstellung der israelischen Armee sei unglaubwürdig. Die Soldaten hatten angegeben, drei Verdächtige hätten die Sperranlage "sabotiert". In Wahrheit hätten die jungen Palästinenser stattdessen "ein schon seit Jahren bekanntes Loch in der Sperranlage genutzt", um auf den Feldern ihrer Familien, die an dieser Stelle von der Anlage durchschnitten werden, Gundelia zu pflücken, berichtete die regierungsunabhängige Organisation.

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Militärpolizei hat Verfahren zur Aufklärung eingeleitet

Gundelia ist eine essbare Distel, die in der nahöstlichen Küche verwendet wird. "Ohne die vorgeschriebene Prozedur zur Festnahme von Verdächtigen anzuwenden, haben die Soldaten ohne Vorwarnung auf Schawamreh geschossen", schrieb B'Tselem. Hauptverantwortlich seien die Kommandeure, die den Befehl zum Einsatz von scharfer Munition in einer Wohngegend gegeben hätten, folgerte die Menschenrechtsgruppe.

Ein Armeesprecher, Arje Schalikar, sagte AFP auf Anfrage, die Soldaten hätten sehr wohl zunächst Warnschüsse in die Luft gefeuert. "In den letzten Wochen haben sich die Vorfälle gehäuft, bei denen Sprengsätze an den israelischen Grenzen zu Gaza oder Syrien angebracht wurden und gerade vergangene Woche vier unserer Soldaten verletzten", sagte Schalikar.

"Unter diesen Umständen betrachten wir jeden, der sich der Sicherheitsbarriere zum Westjordanland nähert, als Gefahrenpotenzial." Die Militärpolizei habe ein Verfahren zur Aufklärung der Umstände des Todes des 14-jährigen Palästinensers eingeleitet, ergänzte der Sprecher. (afp)