Düsseldorf. Gewaltbereite Salafisten gelten als Bedrohung für die Sicherheit. In Nordrhein-Westfalen, so die Erwartung von Experten, dürfte die Zahl der radikalen Islamisten noch steigen. Die Landesregierung will verhindern, dass sich junge Menschen der Szene zuwenden - und setzt dabei auf ein neues Projekt.
Ein neues Projekt soll in Nordrhein-Westfalen den Einstieg junger Menschen in die radikal-islamistische Salafisten-Szene verhindern. Landesinnenminister Ralf Jäger (SPD) startet das Präventionsprogramm am Montag - in Düsseldorf eröffnet er dazu am Vormittag eine Anlaufstelle. Das Projekt mit dem Titel "Wegweiser - gemeinsam gegen gewaltbereiten Salafismus" sei bundesweit einmalig, teilte sein Ministerium mit.
Nach Erkenntnissen der Verfassungsschutzbehörden halten sich derzeit etwa 1500 von bundesweit 5500 extremistischen Salafisten in NRW auf. Inzwischen sei wohl von 1700 bis 1800 Salafisten im bevölkerungsreichsten Bundesland auszugehen, sagte Jäger am Montag. Der nordrhein-westfälische Verfassungsschutz rechnet damit, dass die Zahl in diesem Jahr weiter steigt. Salafistischen Gruppen gelinge es durch intensive Propaganda- und Rekrutierungstätigkeit, neue Anhänger zu werben. Dabei helfe aktuell auch der Bürgerkrieg in Syrien, hatte Minister Jäger kürzlich in einem Bericht an den Landtag geschrieben.
Bei dem neuen Präventionsprogramm sollen persönliche Betreuer jungen Menschen "den Weg weisen". Nicht nur den Jugendlichen selbst, sondern auch Eltern, Freunden oder Lehrern sollen dabei Ansprechpartner zur Seite gestellt werden. Projektpartner seien etwa Jugend- und Sozialämter, Jobcenter, die Polizei, aber auch Moscheegemeinden.
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Die Gesellschaft gibt ihm keine Chance
Der Minister nannte das Beispiel des 22-jährigen Yousif: "Er findet trotz Schule und Ausbildung keinen Job. Sein vorherrschendes Gefühl: Er ist ausgegrenzt - und die Gesellschaft gibt ihm keine Chance. Und genau in dieser Situation bieten ihm extremistische Salafisten scheinbar ganz einfache Erklärungen und Lösungen." Hier müsse man Jugendliche erreichen, bevor sie in die "Radikalisierungsfalle" gerieten, mahnte Jäger.
In Düsseldorf wurden für das Präventionsprogramm zwei Betreuer eingestellt - sie haben jeweils eine Halbtagsstelle. "Wir sind dazu da, um rauszugehen", sagte der Vorsitzende des "Wegweiser"-Trägervereins, Dirk Sauerborn. Mit dem Projekt wolle man direkt an die Schulen und zu Erziehern gehen, erläuterte der Polizist, der in Düsseldorf Ansprechpartner für interkulturelle Angelegenheiten ist.
Projektstart in Düsseldorf, Bochum und Bonn
Nach Ministeriumsangaben analysieren die Projektbeteiligten die jeweils individuelle Situation und koordinieren die nächsten Schritte hin zu einem konkreten Hilfsangebot. Neben Düsseldorf startet das Projekt auch in Bochum und Bonn. Weitere Kommunen sollen demnächst folgen. Jäger schätzte, dass wöchentlich zwei bis drei Anrufe besorgter Angehöriger das Innenministerium erreichten.
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Der CDU-Innenexperte Peter Biesenbach zeigte sich skeptisch. "Jetzt muss sich zeigen, ob das Projekt auch geeignet ist, den ungebremsten Anstieg der Salafistenzahl in NRW einzudämmen", teilte er mit. Er warf Jäger vor, bisher zugesehen zu haben, wie sich in seiner Amtszeit als NRW-Innenminister die Zahl der Salafisten im Land verdreifacht habe.
Nur von einer kleinen Minderheit der Muslime getragen
Der Salafismus ist eine religiöse und politische Bewegung des Islam, die nur von einer kleinen Minderheit der Muslime getragen wird. Verfassungsschützer verdächtigen Teile der Bewegung, ein Sammelbecken für gewaltbereiten Islamismus zu sein und Verbindungen zu Terrornetzwerken zu pflegen. (dpa)