Istanbul. In der Türkei können Internetnutzer derzeit nicht mehr auf den Kurznachrichtendienst Twitter zugreifen. Die Behörden haben den Zugang abgeschaltet. Sie begründen den Schritt damit, dass Twitter-Chefs Gerichtsbeschlüsse ignoriert hätten. Kritiker der Netz-Zensur vermuten eine ganz andere Ursache.
Zehn Tage vor der Kommunalwahl in der Türkei haben die Behörden den Zugang zum Kurznachrichtendienst Twitter abgeschaltet. Nutzer berichteten am Freitag, die Seite der Plattform könne seit der Nacht nicht aufgerufen werden oder sei auf einen gerichtlichen Sperrvermerk umgeleitet. Auf Smartphones meldete die Twitter-App am Morgen: "Nutzer konnte nicht geladen werden."
Die türkische Telekombehörde BTK hat später die Sperre des Kurznachrichtendienstes Twitter im Land offiziell bestätigt. Ein Gericht habe dies verfügt, weil der Dienst Rechte und die Privatsphäre türkischer Staatsbürger verletzt habe, teilte die Aufsichtsbehörde mit. Twitter habe sich geweigert, Entscheidungen türkischer Gerichte zu befolgen. Deswegen müssten weitere Rechtsverstöße verhindert werden.
Soziale Medien sind für Gegner wichtige Kommunikationsmittel
Wenige Stunden zuvor hatte der türkische Ministerpräsident Recep Tayyip Erdogan seine Drohungen gegen soziale Medien drastisch verschärft. "Twitter und solche Sachen werden wir mit der Wurzel ausreißen. Was dazu die internationale Gemeinschaft sagt, interessiert mich überhaupt nicht", zitierte die Nachrichtenagentur Anadolu den Regierungschef am Donnerstag. Für Gegner Erdogans sind soziale Medien die wichtigsten Kommunikationsmittel. (dpa)