Istanbul. . Der 14-jährige Berkin Elvan, der im vergangenen Jahr während der Gezi-Proteste in der Türkei von einer Tränengasgranate der Polizei am Kopf getroffen wurde, ist Anfang März gestorben. Ein Augenzeuge wirft der Polizei nun vor, gezielt auf den Jungen geschossen zu haben. Bislang gibt es keine Anklage.

Nach dem Tod des Jugendlichen Berkin Elvan, der in Anfang März neue Proteste in der Türkei ausgelöst hatte, sind neue Vorwürfe gegen die Polizei aufgetaucht. Wie türkische Medien am Dienstag berichteten, warf ein Augenzeuge der Polizei vor, aus einer Entfernung von 15 bis 20 Metern mit einem Tränengasgewehr gezielt auf den damals 14-jährigen Jungen in Istanbul geschossen zu haben. Der Augenzeuge Özgür Karagöz sagte auf Initiative des Anwalts der Familie Elvan bei der Staatsanwaltschaft aus, die den Tod des Jugendlichen untersucht.

Nach Aussagen des Augenzeugen hatte der Beamte, der auf Berkin Elvan schoss, blonde Haare und trug eine Gasmaske. Der Junge habe den Polizisten zugerufen, sie sollten nicht schießen, er wolle nur Brot kaufen.

Wieder Tote bei Anti-Erdogan-Protesten in der Türkei

Berkin Elvan war während der Gezi-Proteste im Juni des vergangenen Jahres von einer Tränengasgranate der Polizei am Kopf getroffen worden und Anfang März nach monatelangem Koma im Krankenhaus gestorben. Die Nachricht von seinem Tod löste neue Straßenschlachten zwischen regierungskritischen Demonstranten und der Polizei in Istanbul sowie in weiteren Städten des Landes aus. Dabei starben erneut zwei Menschen.

Der Sarg von Berkin Elvan wird von einer riesigen Menschenmenge begleitet.
Der Sarg von Berkin Elvan wird von einer riesigen Menschenmenge begleitet. © Sedat Suna

Elvans Familie hatte stets betont, ihr Sohn sei als Unbeteiligter in Auseinandersetzungen zwischen Gezi-Demonstranten und der Polizei geraten, als er auf dem Weg zum Bäcker war. Dagegen hatte Ministerpräsident Recep Tayyip Erdogan das Vorgehen der Polizei gerechtfertigt und den Jungen in die Nähe von Terroristen gerückt. In dem Fall sind mehrere Polizisten vernommen worden, eine Anklage gibt es bisher aber nicht.

Kommunalwahl steht am 30. März bevor

Die Proteste in der Türkei hatten sich im vergangenen Sommer an Plänen der Regierung entzündet, den Gezi-Park am Rande des Istanbuler Taksim-Platzes zu bebauen. Sie richteten sich bald vor allem gegen Erdogans autoritären Regierungsstil. Der Regierungschef hat Kritik zurückgewiesen und seine Widersacher aufgefordert, den Streit mit der Stimmabgabe bei der Kommunalwahl am 30. März zu entscheiden. (afp)