Rom. . Der rechtskräftig verurteilte frühere italienische Regierungschef Silvio Berlusconi darf nicht zum Spitzentreffen der konservativen Europäischen Volkspartei (EVP) nach Dublin reisen. Ein Gericht in Mailand lehnte am Dienstag seinen Antrag auf eine Sondergenehmigung ab.

Gut sieben Monate nach seiner definitiven Verurteilung wegen Steuerbetrugs bekommt Berlusconi die ersten praktischen Folgen zu spüren: Die Mailänder Richter haben ihm verboten, am Donnerstag und Freitag dieser Woche zum Kongress der Europäischen Volkspartei nach Irland zu reisen. „Wir haben nur das Gesetz angewandt“, hieß es laut italienischen Medien aus dem Mailänder Gerichtspalast. Gleich nach seiner Verurteilung am 1. August 2013 hatte Berlusconi seinen Reisepass abgeben müssen.

Zwar musste Berlusconi Ende November darüber hinaus auch seinen Sitz im italienischen Parlament räumen, dies hat ihn aber nicht daran gehindert, als Chef der wieder zum Leben erweckten „Forza Italia“ weiterhin einen praktisch unverändert starken Einfluss auf die italienische Politik geltend zu machen. Zuletzt hat der neue Regierungschef Matteo Renzi, obwohl aus den Reihen der gegnerischen Sozialdemokraten stammend, weit reichende Absprachen mit Berlusconi über ein neues Wahlgesetz getroffen und darüber hinaus über Verfassungsreformen, die auch dem 2011 gestürzten Ministerpräsidenten seit Jahren ein Anliegen sind. Die näheren Einzelheiten des Pakts sind nicht bekannt.

Richter lassen sich Zeit

Von den vier Jahren Haft, zu denen Berlusconi verurteilt ist, muss er ein Jahr abbüßen. Aber niemand hat es damit eilig, nicht einmal die Mailänder Richter. Erst im April will sich das zuständige Justizgremium zusammensetzen und darüber entscheiden, ob Berlusconi ein Jahr Hausarrest bekommt oder ob er zu „sozial nützlichen Tätigkeiten“ verpflichtet wird. Letzteres liefe auf irgendwelche mehr oder weniger formalen Unterstützungsarbeiten für gemeinnützige Organisationen hinaus und würde ihm seine Bewegungsfreiheit weitgehend sichern.

Die Europäische Volkspartei als Sammelbecken der Christdemokraten und der Konservativen im Europaparlament will in Dublin ihren Spitzenkandidaten für die Europawahl Ende Mai küren. In aussichtsreichster Position befindet sich der frühere luxemburgische Regierungschef Jean Claude Juncker, der dann auch Kandidat für den Chefposten in der EU-Kommission ist. Bereits am vergangenen Wochenende hatten Europas Sozialisten und Sozialdemokraten in Rom ihren Kandidaten auf den Schild gehoben: Martin Schulz, den bisherigen Präsidenten des Europaparlaments.