Rom. Italiens wiedergewählter Staatspräsident Napolitano hat Gespräche zur Bildung einer neuen Regierung aufgenommen. Erwartet wird, dass der 87-Jährige mit allen großen Parteien zusammenkommt, um rasch ein Meinungsbild zu erstellen. Neuer Ministerpräsident könnte der 75-jährige Giuliano Amato werden.

Der italienische Präsident Giorgio Napolitano hat am Dienstag Gespräche zur Bildung einer neuen Regierung aufgenommen. Wenige Tage nach seiner Wiederwahl startete das 87-jährige Staatsoberhaupt damit einen erneuten Versuch, den politischen Stillstand in der drittgrößten Volkswirtschaft der Euro-Zone zu überwinden.

Beobachter hielten es für möglich, dass Napolitano noch im Tagesverlauf die Einigung auf eine große Koalition präsentieren könnte. Als neuer Ministerpräsident wurde der gemäßigte Linkspolitiker und ehemalige Regierungschef Giuliano Amato gehandelt, der mit seinen 75 Jahren ebenfalls zu den Politikveteranen des EU-Gründungsmitglieds zählt.

Könnte neuer italienischer Ministerpräsident werden: Giuliano Amato.
Könnte neuer italienischer Ministerpräsident werden: Giuliano Amato. © afp/Andreas Solaro

Auch der DP-Politiker Matteo Renzi, derzeit Bürgermeister von Florenz, kann sich offenbar Hoffnungen machen. Im Gespräch ist außerdem die bisherige Innenministerin Anna Maria Cancellieri. Sie wäre die erste Frau an der Spitze einer italienischen Regierung.

Tiefgreifenden Reformen gefordert

Napolitano begann am Vormittag eine Serie halbstündiger Einzelgespräche mit allen Fraktionschefs von Abgeordnetenhaus und Senat. Das letzte Treffen war für 18.30 Uhr angesetzt. Die Parteivorsitzenden waren nicht eingeladen.

Napolitano war erst am Montag mit den Parteien hart ins Gericht gegangen: Die Einigung auf eine neue Regierung dulde keinen weiteren Aufschub. Italien brauche tiefgreifende Reformen. Er werde zurücktreten, wenn sich die Politiker ihrer Verantwortung entzögen, drohte er.

Seit Februar unklare Verhältnisse

Die Parlamentswahl im Februar hatte ein Patt mit praktisch drei gleichstarken Lagern ergeben. Seither war es den Parteien nicht gelungen, eine Regierung zu bilden. Verschärft wurde die politische Krise dadurch, dass sich die Parteien nicht auf einen Nachfolger für Napolitano einigen konnten, der sich wegen seines hohen Alters eigentlich Mitte Mai aus der aktiven Politik zurückziehen wollte. Wegen der Blockadehaltung der Parteien erklärte sich Napolitano am Samstag dann doch zu einer zweiten Amtszeit bereit.

An den Märkten sorgte die Wiederwahl Napolitanos und die Aussicht auf eine neue Regierung für Erleichterung: Für zehnjährige Staatsanleihen fiel die Rendite am Dienstag das erste Mal seit November 2010 unter die Marke von vier Prozent. (rtr/dpa/afp)